05.01.2000, Sedona / Prescott / Prescott Valley, Arizona
 

Nachdem sich die Schneewolken verzogen hatten, gab es einen herrlichen Sonnenuntergang über Sedona. Die roten Felsen mit dem weißen Schnee wären ein paar bessere Fotos wert gewesen, aber ich war leider zu sehr damit beschäftigt, mein Mobiltelefon zu aktivieren ... man muß schließlich Prioritäten setzen. Whow - die Frau, die ich dafür am Telefon erwischte, hatte einen Slang, an dem ich nur noch verzweifeln konnte. Nach meinen vielen positiven Erfahrungen bezüglich amerikanischer Freundlichkeit im Servicebereich war es erschreckend, wie sehr sie ignorierte, wenn ich sie bat, etwas langsamer zu sprechen. Schließlich musste ich Rob die Arbeit überlassen - ich war gänzlich verloren.
Der Sonntag war mein vorerst letzter Tag in Sedona, den ich mit einem zünftigen Steak in einem "Saloon" und Billardspielen mit ein paar "echten" Amerikanern abschloß (ich fürchte, Deutsche werden fortan in Sedona als miserable Billardspieler geahndet ...)
Mir den "Two Step" beibringen zu wollen wurde schon nach wenigen Minuten aufgegeben - ich glaube, ich tanze noch schlechter als ich Billard spiele.
Die letzte Nacht in Sedona brachte zwar keinen Schnee mehr, aber es war eisigkalt. 
 

Am Montag ging es dann zurück nach Prescott, ich wartete immer noch auf meine Versicherungspolice für meinen Truck, ausserdem mußte Rob zurück zu seinem Reitstall, um ein paar Sachen zu klären. Damit begann dann für mich eine regelrechte Soap-Opera - Live dabei bei einigem Ärger, dem ich zum Glück als unbeteilgter Zuschauer folgen konnte. Ich habe in den darauffolgenden Tagen vielleicht nicht gerade die Sonnenseiten von Amerika gesehen, aber trotzdem viel über Amerika gelernt. Darüber hier zu berichten würde den Rahmen eines Reiseberichtes bei weitem sprengen - aber alles in allem ist Prescott trotz seiner Größe ganz offensichtlich ein Dorf, wenn es um Klatsch und nachbarschaftlichen Austausch von "Nettigkeiten" geht. 
Nebenbei konnte ich mich in Sachen Eßkultur der Amerikaner erfolgreich weiterbilden. Fast Food in Amerika? Jaaa! Wirklich keine Übertreibung. Wir kennen McDonalds, Burger King und Pizza Hut - der Ami ausserdem Denni's, Taco Bell, KFC, SubWay und eine unzählige Menge von Drive-Ins, Drive-Thrus und sonstigen Eat-Ins, die keiner bestimmten Ladenkette angehören.
Die Motels bieten kein Frühstück an, nur Kaffee, den man sich an der Rezeption holen kann. Also wird ein ausgiebiges Frühstück in einem dieser Eat-Ins eingenommen. Nachdem ich Anfangs noch ziemlich ratlos vor einer Auswahl von Eiern, Speck, Toasts (das war ja alles noch halbwegs bekannt als Frühstück), Rindswürsten, French Toast, Pfannekuchen, Muffins, Gravy (dickliche Mehlsauce mit etwas Hackfleisch drin), eine Art Röstis, Bratkartoffeln, Steaks und etc. stand, habe ich mich inzwischen auf Pfannekuchen oder French Toast (in Ei gewälzter und gebackener Toast) mit Rührei und Speck (in Scheiben knackig kross gebacken - köstlich!) eingeschossen, vorzugsweise bei Denni's. Das macht dann ca. 6 DM plus Kaffee, den man in beliebigen Mengen nachgefüllt bekommt.
Sonnenaufgang in Prescott ValleyDie nächste Nacht verbrachte ich in einem Motel in Prescott, bevor ich nach Prescott Valley auszog. Dort scheckte ich im "Motel 6" ein - neben "Super 8" eine der größten Billig-Motel-Ketten in Amerika. Je nach Saison kostet dort eine Nacht ca. 80 DM. Dafür bekommt man ein großes Zimmer, im allgemeinen mit ein oder zwei französischen Betten ausgestattet - natürlich mit Bad und Aussicht auf das eigene Auto. Meine Güte - dieses Motel 6 war der reinste Saustall. Auf der Tagesdecke lagen Glassplitter, der Boden war mit Krümmeln übersät, sogar eine Tablettenkapsel lag neben dem Bett. Das ließ den Hotelmanager alles ziemlich kalt - zumindest bekam ich ein anderes Zimmer. Inzwischen habe ich gelernt, dass es typisch amerikanisch gewesen wäre, wenn ich die Polizei gerufen hätte. Die hätten einen Report gemacht, das Hotel hätte erst mal dicht machen dürfen und ich womöglich lebenslang umsonst in allen Motel 6 übernachten können - denn andernfalls hätten sie eine Millionenklage bekommen; man stelle sich vor, ich hätte mir einen dieser Glassplitter in den Allerwertesten gerammt. Oder einen Hund dabei gehabt, der die Tablette gefressen hätte ... 
Die Amis streiten offensichtlich gerne.
Heute bin ich wieder in Prescott, das Motel 6 hier habe ich weit umfahren - wenn es irgend möglich ist, werde ich den Laden ab jetzt boykottieren (leider werde ich nicht immer die Wahl haben, wenn ich günstig übernachten möchte). Mein jetziges Motel hat ein riesiges Schild "Brand new suites" - das dort schon seit ca. 20 Jahren hängen muss. Nun gut - vielleicht etwas weniger komfortabel als Motel 6, aber sauber und mit sehr gutem Kaffee. Ausserdem führt der Zimmerausgang direkt nach draussen, was ich sowieso bevorzuge, dann kann ich immer mal einen stolzen Blick auf meinen Truck werfen. Der hat heute eine Grundreinigung bekommen, zwar nicht von aussen, aber die Staubschicht innen ist zumindest beseitigt. Aber Arizona ist staubig - lange wird er wohl nicht so blitzen. Nebenbei habe ich mich mit Country-CDs eingedeckt, ein absolutes Muss hier ;-) - na ja, Marius Müller-Westernhagen mitzugröhlen macht aber auch Spaß, die Amis gucken dann so blöd ...
Im Großen und Ganzen bin ich nun vorbereitet auf meine weitere Reise. In Planung ist zunächst Wickenburg (ca. 70 Meilen südlich von Prescott), wo ich mir zwei Ranches ansehen möchte. Desweiteren habe ich einen Menge Ranches südlich von Tucson, nahe bei der mexikanischen Grenze, ausgemacht. Das ist nochmal etwa 600 km entfernt - die werde ich gemütlich mit meinem Truck runterzuckeln.
Nächste Woche muss ich wieder nach Prescott - meine Versicherung hat mir zwar eine vorläufige Police als Fax zugeschickt, aber ich brauche noch das Original, das als Brief zugeschickt wird.

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Last Update: 01/2000 
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