20.01.2000, Williams Family Ranch - Just a ride
 

Ich kam wieder rechtzeitig in die Küche, um noch ein paar Toasts zu buttern, dann war das Frühstück auch schon fertig. Grandma Carrol kochte eine Art Griesbrei, ausserdem gab es Schweinesteaks. Nach dem Essen ließ ich Charly und Roy alleine zum Korral gehen, wo sie die Pferde fütterten, und leistete stattdessen Carrol in der Küche Gesellschaft. Sie war die "Geschäftsfrau" in der Familie, und ich wollte mich ja nun doch mal mit ihr über meine "Stellung" unterhalten, da ich nicht unbedingt das Gefühl hatte, wirkliche Arbeit zu leisten. 
Sie widersprach mir und meinte, dass ich zum einen als Entertainer für Charly gut wäre (nu weiß ich nur nicht, inwieweit ich ihn entertainte?!) und zum anderen alleine dadurch, dass ich immer mal wieder hier und da Ordnung schaffte, einen guten Job machen würde. Nun gut - ich werde mal schaun, wie wir uns einigen, wenn ich nächsten Montag abreise.

Als ich gegen halb neun am Korral ankam, fing Roy gerade an, dem Hengst Drifter ein neues Hufeisen zu verpassen. Dann machte er ein Pferd mit einem Packsattel fertig, mit ihm wollten wir Salzblöcke für die Rinder auf die Weiden bringen. Aber wie es im Ranchleben so ist - Pläne ändern sich schnell. Nachdem wir kurz ausgeritten waren, um ein paar Rinder aus dem Korral zurück auf eine Weide auf der anderen Seite des Hassayampas zu bringen, beschloß Roy, dass er aufgrund der Erkältung, mit der er schon seit Tagen kämpfte, heute lieber auf der Ranch bleiben wollte.

Er trainierte nur kurz den Wallach, der den Packsattel aufhatte, und verschob den Salz-Trip auf den nächsten Tag. Stattdessen sollten Charly und ich alleine ausreiten.
Wir besprachen den Weg, den wir nehmen würden, damit Carrol und Roy uns notfalls finden konnten, und ritten dann den Hassayampa entlang in östliche Richtung. Unterwegs kreuzten wir mehrfach den Fluß, der nur etwa knietief Wasser führte. Ich ritt wieder Coco Puff und versuchte, Charlys Pferd nicht auf Schritt und Tritt zu folgen, damit die Stute sich daran gewöhnte, alleine zu gehen. Manchmal ist es wohl besser, anderen zu folgen: wir landeten in Treibsand, als wir den Fluß an einer Stelle überquerten. Ich weiß nicht, wer erschrockener war, die Stute, die bis fast zur Brust im Sand stakte, oder ich, die überlegte, wie der gute Rat lautete, den mir mal ein Wrangler bezüglich Treibsand gegeben hatte. Im Endeffekt ging es aber alles zu schnell, um großartig nachzudenken, die Stute fing entsetzt an, vorwärts zu springen, und ich trieb sie heftig an - schließlich befreite sie uns mit vier, fünf Sprüngen aus dem so trügerisch unscheinbar aussehenden Flußbett. Was blieb war ein Pferd, das bei den nächsten drei, vier Flußüberquerungen nervös durchs Wasser tippelte, und ein paar sandig-nasse Füße.
Nachher hatte ich den guten Rat auch wieder parat: bloß nicht absteigen vom Pferd, das den Reiter dann rücksichtlos als Trittbrett benutzen würde! Und ausserdem hatte Rob II mir am ersten Tag erklärt, dass Treibsände in dieser Gegend nie sehr tief seien. Nun - mir hatte es gereicht!
Wo wir eh' schon mal bei den Gefahren des Ranchlebens sind - links eine typische Heike-Hand, nachdem sie für eine Woche in der Natur freigelassen wurde. Nicht sichtbar ist die Rippenprellung, die ich mir bei einigen unvermuteten Sprüngen über Kakteen während der etwas rasanten Verfolgung eines Rindes am Vortag am Sattelhorn zugezogen hatte, ein ramponiertes Schienbein, dass beim Vorbeireiten an einem Baum hängengeblieben war, und ein paar Kratzer im Gesicht von hinterlistig in Kopfhöhe lauernden Mesquito-Strauchzweigen. 
 

Wir erreichten als erstes ein ehemaliges Minencamp, das am Rande des Flusses lag. Hier hatte man nicht nur den gewohnten Schrott zurückgelassen, sondern sogar einen noch absolut funktionstüchtig aussehenden Catapillar. Ein bizzarer Anblick inmitten der "unberührten" Natur - wie alle diese alten Minen und Minencamps in dieser Gegend.
Wir ritten dann weiter zu "Roberts Camp", die verlassene Ranch, die Charly mir bei unserem ersten Ausritt gezeigt hatte. Sie besteht eigentlich nur aus eine paar kleinen Korrals, einem winzigem Ranchhaus (nicht größer als drei mal vier Meter und extrem niedrig) und einer alten Windmühle, die immer noch Wasser in einen Trog pumpte (wahrscheinlich wurde sie von dem Rancher gewartet, der seine Rinder auf diesem Gebiet weiden ließ). Aber die alte Ranch lag an einem kleinen Bach und wurde von einem riesigen Baumwollbaum dominiert - eigentlich ein wunderbares Plätzchen, um eine neues Haus hinzustellen und das Leben in der Natur zu genießen.
Coco Puff an der alten Ranch Roberts CampNach einer kurzen Pause ging es weiter zum "Iron Spring". Ich hatte mir unter dieser Quelle weiß Gott was für ein lauschiges Plätzchen vorgestellt, es war aber nichts weiter als ein veralgter, schlammiger Tümpel. Nach einigen kleinen Erkundigungsritten hierhin und dorthin machten wir uns auf dem Weg zurück zur Ranch. Wir hatten gesagt, wir würden um 16.00 Uhr zurück sein und wollten nicht riskieren, dass sich Carrol und Roy wieder Sorgen um uns machten. 
Das abendliche Dinner fand schon gegen 17.00 Uhr statt, Kartoffelsuppe, Reste vom Fried Chicken und Crackers und Käse - aber wen interessierts eigentlich? ;-))

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Last Update: 01/2000 
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