06.02.2000, Wickenburg, Arizona - Rodeo
 

Williams Family Ranch-Alltag: Kaffee kochen, Hunde füttern (das übersprang ich, die taten zwar so, als ob sie seit Tagen nichts mehr zu fressen bekommen hätten, aber ihre Näpfe waren noch randvoll), Kaffee trinken, Pferde füttern. 
Der Welpe Max war tatsächlich verschwunden. Merkwürdig. Entweder hatte ihn jemand geklaut, oder er war von einem Raubtier erwischt worden. Rob II konnte ihn kaum mitgenommen haben - oder?!

Nachdem mein armer Chevy gestern abend mit einem Ford verwechselt worden war, verpasste ich ihm zumindest eine Heckwäsche - erstaunlich, aber die Holme oberhalb der Ladeklappe waren in Wirklichkeit weiß ...

Ich trödelte bis halb zwölf herum - höchste Zeit um zum Rodeo aufzubrechen!
Ich war zwanzig Minuten zu früh dran und fuhr deshalb erstmal zum .... - richtig. Circle K. Dann zurück zum Rodeo-Gelände. Acht Dollar knöpften die mir ab - für ein Dorf-Turnier. Dafür konnte ich mich dann mit meinem Truck hinstellen, wo ich wollte - ich wählte den Parkplatz, wo die Teilnehmer ihre Trailer parkten. Und verbrachte dann auch das ganze Rodeo (das ging drei Stunden lang) in dem Bereich, in dem die Reiter einritten oder einige Meter dahinter am Zaun - die Zuschauertribüne ließ ich ausser Acht.

Mit einigen Minuten Verspätung begann das Rodeo. Einritt der Fahnenreiter, Nationalhymne, Dank an die Sponsoren.

Erste Disziplin war dann "Bare back riding" - eine der beiden Diszplinen, ein buckelndes Pferd zu reiten. "Bare back" bedeutet, dass das Pferd ungesattelt ist, es trägt auch kein Kopfstück. Um bei dieser Disziplin zu siegen reicht es übrigens nicht aus, einfach nur die acht Sekunden auf dem Pferderücken zu verbringen, es gibt auch Regeln, nach denen Punkte gesammelt werden. Die höchste Punktzahl gewinnt.
Zur Disqualifikation führen drei Fehler: vor den acht Sekunden runterfallen; das Pferd mit der freien Hand berühren (der Reiter darf sich nur mit einer Hand an einem Strick festhalten); beim Verlassen der Startbox die Füße nicht oberhalb der Schultern des Pferdes haben. Punkte werden gesammelt, wenn man das Glück hat, ein besonders verquer buckelndes Pferd zu haben (jeder Turn und die Höhe eines Bucklers werden gewertet). Diese "Glück" kann/soll der Reiter noch unterstützen, indem er dem Pferd zusätzlich die Sporen gibt ...
Übrigens - nein, tierfreundlich ist dieser Sport sicherlich nicht (wie kaum ein Sport mit Pferden!), aber der Riemen, der dem Pferd kurz vor den Flanken umgebunden wird, ist stark gepolstert und fügt dem Tier offensichtlich weniger Schmerzen als vielmehr ein unangenehmes Gefühl zu, dem es durch Buckeln auszuweichen sucht. Und buckeln tut daraufhin auch nicht jedes Pferd - diese Pferde sind dafür regelrecht ausgebildet worden. Sogesehen haben sie kein schlechtes Leben - ein- oder zweimal die Woche acht Sekunden lang arbeiten ...

Calf Roping. Eine reine Frauendisziplin: das Kalb rennt los, das Cowgirl muss es mit dem Lasso fangen. Diese Disziplin gibt es auch für Männer, der Cowboy muss aber dem Kalb nach dem Einfangen auch noch die Beine zusammenbinden (wurde auf diesem Rodeo nicht gezeigt). Diese Arbeit bleibt den Cowgirls erspart.

Ribbon Roping - diese Disziplin hatte ich noch nie auf einem Rodeo gesehen. Ein Cowboy fängt ein Kalb mit dem Lasso, eine Frau rennt zu dem Kalb, greift eine Schleife (ribbon), die an dessen Schwanz festgebunden ist, und rennt zum Start zurück. 
Eigentlich eine ganz witzige Disziplin, leider verfing sich die erste Starterin in dem Lasso, mit dem der Cowboy das Kalb gefangen hatte, und zog sich davon Verbrennungen am Hals zu. Sie wurde ins Krankenhaus gebracht, aber offensichtlich war es dann doch nicht so schlimm, wie es anfangs aussah.


Zwischendurch gab es dann noch einmal die buckelnden Pferde, neben dem "Bare back riding" auch einige "Saddled bronc ridings" - zweitere dann mit Sattel. Die Regeln sind die gleichen, ich habe mal einen Rodeoreiter gefragt, was einfacher sei - er behauptete das Reiten ohne Sattel. 
Für das "saddled bronc riding" werden spezielle Sättel verwendet, sie haben kein Sattelhorn (man erinnere sich nur an meine Rippe ...) und die Steigbügelfender sind so befestigt, dass die Bügel nach vorne zeigen - oberhalb der Schultern des Pferdes. 

    

Barrel Racing. Frauendisziplin. Drei Tonnen werden im Dreieck aufgestellt und müssen so schnell wie möglich umritten werden, wobei die ersten beiden Tonnen jeweils einmal umkreist werden - eine sehr enge und sehr schnelle Wendung! Wenn eine Tonne dabei umfällt kassiert die Reiterin fünf Strafsekunden.

Bullriding. Offensichtlich eine sehr beliebte Disziplin in Wickenburg, es gab unzählige Starter, von denen aber nur drei überhaupt in die Wertung kamen, den Rest haute es schon vor den mindestens verlangten acht Sekunden vom Bullen. Die Regeln entsprechen denen des "bronc ridings" (Pferde).
Die Aufgabe des Clowns ist es, den Bullen abzulenken, wenn der Reiter herunterfällt - die Viecher neigen nämlich dazu, ihren Piesacker anzugreifen, sobald er am Boden liegt.
Auch die Bullen machen, wie die Pferde, diesen Job "hauptberuflich". Sie werden als junge Bullen ausprobiert, und wenn sie fleissig buckeln, haben sie den Job. Wenn nicht - tja, dann werden sie eben Hamburger.
Ein Bulle war dabei, der angeblich noch nie geritten wurde (soll heißen: acht Sekunden lang). Fünfzig Cowboys hätte er schon abgeworfen - und der Einundfünfzigste fiel heute auch.


     

Teamroping. Zwei Cowboys versuchen einen Stier mit Lassos zu fangen. Der eine roped die Hörner, der andere die Hinterbeine des Stieres. Mit "Stier" meine ich engl. "steer" - das ist im Prinzip ein junger Ochse. Roping steers werden teilweise speziell gezüchtet, zumindest aber speziell eingekauft - sie müssen schöne, große Hörner haben. Da sie "wiederverwendet" werden, bekommen sie einen Hornschutz umgebunden, der sie ein wenig wie Boxer aussehen läßt. Normalerweise wird ein Rind auch dann nicht verletzt, wenn es ohne diesen Schutz an den Hörnern geroped wird (Roy hatte das vor einigen Wochen auf der Ranch gemacht - es gibt Bilder davon ...) - vielleicht hat hier tatsächlich mal der Tierschutz eine Auflage gemacht.
Ich kenne diese Disziplin als Teamsport für zwei Cowboys - hier wurden die Teams immer wieder gemixt, ich glaube, sie traten als Vierergruppen an (?!). Es gab auch "Mixed" - einige Frauen machten mit.



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Das wars - vier Uhr, das Rodeo war vorbei. Auch wenn es nur ein "Dorf-Rodeo" war - den Eintritt war es allemal wert, da mir keiner verbot, direkt am Geschehen zu stehen und 'zig Fotos zu schießen.

Ich fuhr danach zurück zur Ranch - meine Güte, war das ein Verkehr heute! Gleich drei anderen Fahrzeugen begegnete ich unterwegs, unter anderem dem Pärchen mit dem 4-Wheeler von gestern Abend auf ihrem Heimweg, ich war mittags an ihrem Camp vorbeigefahren, aber es war niemand dort gewesen.

Heute mal keine Sonnenuntergangsfotos - zu dem Zeitpunkt hatte ich mir schon (nach einem Propangaskampf für heißes Wasser) ein Feuerchen im Ranchhaus angezündet. Ich bin schon ein richtiger Profi - Propangas und Feuer machen keine Probleme mehr :-)
Ich machte mir auch ein paar Gedanken über meine weitere Reiseplanung. Las Vegas hörte sich nicht schlecht an, ca. 230 Meilen (370 km) - das konnte mich nach der Strecke von Tucson nach Wickenburg nicht mehr schrecken.

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Last Update: 02/2000 
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