09.02.2000, Bullhead City, Arizona
 

Alles in allem - nö, nicht mein Tag. Morgens für zehn Minuten fit, dann überfiel mich wieder Müdigkeit. Mein kalbsgeschädigtes Bein machte nach vier Tagen Beschwerdefreiheit aufeinmal extremen Ärger; bis ich gegen Mittag auf die glorreiche Idee kam, ein paar von meinen Big K mart-Aspirins zu schlucken, humpelte ich mir dermaßen einen zusammen, dass die Leute mir hinterherschauten als wäre ich Quasimodo.
Dass dieser blöde CD-Player am Morgen mal wieder nicht funktionierte - na, wem sag ich das.
Ich beschloß, wenigstens meinen Truck endlich gesund zu pflegen - irgendwas war absolut nicht in Ordnung, wenn ich etwas schärfer bremste, zog er furchtbar nach rechts und schaukelte sich dann regelrecht auf. Nachdem ich zweimal schon fast den Gegenverkehr gerammt hatte, war es wohl doch mal an der Zeit, das reparieren zu lassen - nicht zuletzt in Gedanken an den Holperweg zur Ranch, den ich bergab nur noch im Schleichtempo zu befahren wagte - schlecht für meinen Rekord ...
Ich fuhr also zu einem Chevrolethändler in Lake Havasu, der (Amerika!) einen Drive Thru hatte. Dort zeigte ich dem Typen eine Stange zwischen meinen Vorderrädern, die ich für das Bremsverhalten in Verdacht hatte, sie war krumm. Der Chevrolet-Mensch schickte mich dann zu einem Reifenhändler die Straße rauf, die könnten die Stange reparieren, das sei billiger als ein Austausch. Na gut.
Also fuhr ich zu dem Reifenhändler, der sich halb kaputt lachte, als ich denen sagte, weswegen mich der Chevy-Händler hergeschickt hatte. Das Bremsverhalten könne nichts mit der krummen Stange zu tun haben. Sie hievten den Wagen vorne hoch, wackelten am rechten Vorderreifen - der saß total locker!
"Come here and look!" forderte mich der Mechaniker auf.
"Uuuuuups!" war alles, was ich daraufhin herausbrachte, entsetzt in Gedanken daran, auf was für einem Holperweg ich mit dem Rad gefahren war ...
Der Mechaniker und seine Kollegen lachten sich halb kaputt über mein Gesicht.
"This is no reason to laugh!" beschwerte ich mich mitlachend.
Sie montierten den Reifen ab und wackelten am Gestell dahinter.
"Oh-oh ..." meinte der Mechaniker.
"Dont't make 'oh-oh' while you're looking at my car and I'm beside you!" warnte ich ihn und erntete Gelächter dafür - ein sehr humorvolles Team ...
"You figured out, what 'oh-oh' means, did you?"
"Oh yes - means the same in English than in German ..."
Er erklärte mir dann irgendwas von 'boulders', die kaputt seien - 'upper boulder' und 'lower boulder' und ziemlich teuer.
Bevor er mir noch mehr Mechniker-Englisch beizubringen versuchte, fragte ich: "Was bedeutet 'teuer'?"
"Oh ... something about four-and-a-half ..."
"What - four-and-a-half? Hundreds or thousands?" fragte ich, was wieder einen allgemeinen Heiterkeitsausbruch unter den Kollegen hervorrief. 
"Hundreds."
Neunhundert Mark. Puhhhh!
Alternativ bot er mir an, für 85 Dollar irgendwas anderes zu machen - ich wählte dann die günstige Alternative. Im Moment sei er aber busy, ich solle morgen wieder kommen. Morgen? Ich wollte weg von dem Kaff hier! Ich überredete ihn, mich am Nachmittag irgendwie reinzuschieben, was er mir dann zusagte.                         

Also nutzte ich die nächsten drei Stunden für Sight Seeing in Lake Havasu City.
Sight Seeing hieß dann: eine halbe Stunde einkaufen gehen, zweieinhalb Stunden am See parken und krank feiern.
Lake Havasu City ist übrigens berühmt für seine London Bridge und ein "original" englisches Viertel - was die Amis halt so unter Englisch verstehen ...
Ansonsten eine sehr stark wachsende Stadt, offensichtlich beliebt wegen des Sees, obwohl die Ufer etwas an eine Mondlandschaft erinnern.

Um 14.00 Uhr fuhr ich zurück zu dem Reifenhändler (und wurde mit einem "Oh-oh!" begrüßt), der meinem Truck eine Bremsscheibenwäsche oder was auch immer verpasste - auf jeden Fall demontierten sie die Scheiben und brachten sie frisch gefettet zurück. Auf der Rechnung stand dann "Repack Wheel Bearings" und 80,62$ - und der Truck bremste ohne einen Zucker nach links oder rechts - na also!
Der CD-Player tat's auch wieder, der Tricki-u-förmige Draht (genaugenommen ein U-Nagel übrigens) hatte eine Sicherung angschmolzen, wodurch er sich einen Plastikschutz angeeignet hatte, der ihm nicht zustand.
Es stand also nichts dagegen, heute noch weiterzureisen. Wenn schon nicht mehr nach Las Vegas, dann doch zumindest bis zum nächsten größeren Ort - Bullhead City.

Unterwegs gab es mal wieder interessante Landschaften zu sehen - bizarre Felsformationen. Nebenbei sah ich auch noch Rob II - beziehungsweise nicht ihn, sondern sein Feuerchen in Kingman - riesige Rauchwolken stiegen hinter einer fernen Felskette hervor, Kingman war ca. 50 Meilen Luftlinie entfernt. Ich werde ihn am Wochenende mal fragen, ob es ein "echtes" Feuer war oder ein "Clearance" - die nicht so feuergefährdeten Wintermonate werden häufig dafür genutzt, gezielt alte Minen usw. abzuflämmen.
Sogar ein Stück Route 66 befuhr ich. Die Strecke existiert auf offiziellen Straßenkarten nicht mehr, aber Schilder weisen darauf hin, wo sie früher war - teilweise inzwischen zu einem Highway ausgebaut, teilweise eine nicht mehr gewartete Holperstrecke.
Bullhead City erreichte ich gegen sechs Uhr. Ich nutzte heute mal so einen Coupon, die man in Reklamebättern findet, die an manchen Tankstellen ausliegen - immerhin, 10 Dollar Rabatt auf ein Zimmer im Super 8 - da lohnte es sich doch, diese Zeitungen mal durchzublättern.
Im Hotel fiel ich halbtod aufs Bett - und in Schlaf ...

NEXT PAGE ->>             

E-mail:heike@waywest.de
Last Update: 02/2000 
Copyright © 2000 Heike Wuensch   All Rights Reserved