18.02.2000, Williams Family Ranch - Pferde, Kühe, Abenteuer (17.02. - 18.02.)
 

Donnerstag.
Nach einer unglaublich stürmischen Nacht (ohne Regen) war ich nahe daran, morgens einfach im Bett zu bleiben, aber am dämmrigen Himmel war kaum eine Wolke zu sehen, also war für heute offensichtlich wieder Sonne angesagt.
Als Charlie und ich zum füttern zum Korral kamen, erwarteten uns dort drei Rinder vor dem Zaun - die Viecher, die wir gestern nicht hereingetrieben hatten, waren uns offensichtlich gefolgt.
Wir brachten sie nach dem Frühstück gemeinsam mit Carrol in den Korral und brachen dann zu dritt zu einem Ritt in nördliche Richtung auf, um weitere Rinder zu suchen. Nach zwei Stunden bergauf bergab vom feinsten auf schmalen Gerölltrampelpfaden fanden wir tatsächlich ca. sechs Tiere, die uns aber entwischten. Ehrlich gesagt - fast "zum Glück", sonst hätten wir die Kühe auf dem schwierigen Weg, den wir gekommen waren, wieder zurücktreiben müssen - ein Haufen Arbeit!
Ausserdem war es eisig kalt, die Sonne schien zwar, aber es wehte ein eisiger Wind - ich dachte die ganze Zeit nur an heißen Kaffee.

Carrol auf CandyCarrol auf Candy

Ohne die Rinder konnten wir weiter reiten, bis wir den Hassayampa erreichten, und dort entlang verhältnismäßig bequem (durchs Gebüsch, durchs Wasser, über Wackersteine, durchs Gebüsch, durchs Wasser, über Wackersteine, durchs Gebüsch, ...) zurück zur Ranch gelangen. 
Auf dem Weg zum Hassayampa passierten wir auch den "Bouncing Rock", den Roy Charlie und mir bei unserer ersten Tour vor ca. vier Wochen gezeigt hatte. Der riesige Felsen balanciert auf eine spektakuläre Art über einem Canyon.

Wir waren gegen drei zurück, ich trank einen dreiviertel Liter Kaffee, plante mit Carrol das Abendessen (Kartoffelgratin ...) und ging dann wieder zum Korral, um mit Cupid zu arbeiten. 
Ich legte ihm wieder einen Sattel auf und hängte mich dann mit meinem Gewicht daran - fand er nicht so gut, was auch verständlich ist, schließlich kam die Belastung nur von einer Seite. Also suchte ich eine großen Eimer (eher eine Tonne), von der aus ich mich über den Sattel lehnte. Das ließ er sich brav gefallen, und ich fand, es reichte auch für heute.
In der Küche waren die Kartoffeln fertig gekocht, und ich schnitt sie in Scheiben, schichtete sie in eine Backform, goß Sahne drüber, schmieß Butter rein, würzte mit Salz und Pfeffer und bedeckte das Trauerspiel mit geriebenen Käse. Sah sehr professionell aus.
"What heat do you need in the ofen?" fragte Carrol mich.
"Don't ask me, Carrol ..."
"Is 400 degree okay?"
Watt weiß ich, was 400 Grad Fahrenheit in Celsius sind, und selbst wenn - was weiß ich, wie heiß der Ofen für ein Gratin sein muß?
"Sounds good, Carrol, thanks ..."
Das Ergebnis war gar nicht mal so schlecht, vielleicht fehlte etwas Knoblauch, aber ansonsten durchaus sehens- bzw. essenswert.


Freitag.
Carrol beschloß, heute Zuhause zu bleiben, auch Charlie war nicht so recht in Stimmung für einen langen Ritt, also planten wir nur einen kleinen Ritt zu Roberts Camp.
Ich holte mir Coco Puff, wir planten keine Rinderarbeit, also könnte ich sie mal wieder ein bisschen bewegen. Ehrlich gesagt mag ich sie nicht besonders, sie ist eine "typische Stute" - reichlich zickig. Die Hinterhufe auszukratzen war bei ihr wirklich ein Kampf, schließlich musste Charlie mir sogar helfen, weil er sie im Korral halten konnte. Wenn sie am Zaun angebunden war schwang sie mit ihrem Hintern so schnell herum, daß ich Angst hatte, dass sie mich zwischen sich und Zaun einklemmte. Dafür war sie beim Ausritt eigentlich sehr brav - sie hatte also doch nicht alles vergessen, was sie vor vier Wochen gelernt hatte.

HassayampaRoberts Camp

Wir ritten um den kleinen Berg vor der Ranch herum zum Hassayampa, dem wir ca. eine Stunde lang flußaufwärts folgten (durchs Gebüsch, durchs Wasser, über Wackersteine, ...), dann gelangten wir auf den Trail zu Roberts Camp, der verfallenen Ranch mit dem winzigen Ranchhaus. 
An der Windmühle dort tränkten wir die Pferde, und dort fand ich dann auch mein Souvenier, der Schädel eines Kojotenwelpen oder Raicoons oder was auch immer - weder Carrol noch Roy konnten später mit Bestimmtheit sagen, was es ist. Leider lag er noch nicht all zu lange dort, die Knochen waren zwar fast vollständig abgenagt, aber das Gehirn war noch drinnen und tropfte schleimig aus dem Genick (sorry, falls jemand gerade am essen ist ...). In dem verfallenen Ranchhaus fand ich einen alten Sack, in den ich den Kopf einwickelte und an den Sattel band - ehrlich gesagt roch er etwas streng. Amerika mußte mich offensichtlich ganz schön abgehärtet haben, dass ich das ekelige Ding überhaupt anfasste. Als ich den Kopf an der Ranch auspackte, um Carrol zu fragen, wie ich ihn am besten präparieren könnte, fiel auch noch eine Made heraus - pfui deibel! Aber er war so niedlich (der Kopf, nicht die Made ...).

Als Charlie und ich auf dem Weg zurück zur Ranch die "Hauptstraße" erreichten, trafen wir schon wieder auf Rinder. Sechs Kühe rannten wie die Irren los, als sie uns kommen sahen - zum Glück in Richtung Ranch, so dass wir ihnen nur zu folgen brauchten. Am Korral entdeckten sie die anderen Kühe und blieben stehen, ich ritt vorsichtig um sie herum, um den Korral zu öffnen. Die Kühe hieneinzutreiben war für Profis wie Charlie und mich dann nur noch ein Kinderspiel. Na also - insgesamt zwölf Rinder hatten wir diese Woche hereingebracht - kein schlechter Schnitt für Freizeit-Cowboys!
Nach Kaffee und einem Kuchen, den Carrol gebacken hatte, ging ich mal wieder auf Entdeckungsreise im Ranchschrott. Das ist fast interessanter als ein Besuch in Vegas, heute fand ich ein kleines Gebäude, das wohl mal als Duscheraum gebaut wurde, einen weiteren Schuppen, jede Menge Schrott halt und Kleinigkeiten, wie zum Beispiel ein paar alte Autokennzeichen von Arizona. 
Inzwischen hatte ich auch etwas mehr über die Vergangenheit der Ranch erfahren, insbesondere über die fünf Jahre, in denen sie nicht den Williams gehörte, das war von 1977 bis 1982. Eine Art Sekte hatte die Ranch gekauft und ominöse Sachen angestellt. Irgendwie soll es Ärger mit Kindern gegeben haben - Gott weiß was mit  denen angestellt worden ist. In der Zeit lebten gut 60 Leute auf der Ranch - bei der Menge kein Wunder, wo der ganze Schrott herkommt, und Carrol erzählte sogar, dass es dreimal soviel Zeug war, als sie 1982 zurück kamen, weil die Sekte ihre Raten nicht mehr bezahlen konnte. Kaum vorstellbar.

Cupid und HeikeAbends holte ich mir wieder Cupid, diesmal legte ich ihm meinen Sattel auf, je nach dem, wie er sich anstellte, wollte ich es vielleicht wagen, mich draufzusetzen. Aber es war mir denn doch zu unsicher, ich wollte lieber warten, bis jemand dabei wäre, der ihn festhalten könnte, also begnügte ich mich damit, mich wieder über ihn zu lehnen.

Roy kam mit einem Trailer voll Heu, ich machte mich schon bereit, beim Abladen zu helfen, aber er stellte den Trailer nur in die Scheune, für morgen wurde Rob II erwartet, der sollte beim Abladen helfen.

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Last Update: 02/2000 
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