Samstag - Ein Ausritt,
zwei Stürze und zu viel Spass ... :-}
Am Samstag
konnten wir endlich mal Ausschlafen, trotzdem war ich schon kurz nach sieben
wach, weil mein Zimmerfenster keine Vorhänge hatte. Während Rob
nach Paulden reinfuhr, um einen Ölwechsel am Truck machen zu lassen,
gammelte ich herum. Ich erwartete eigentlich, dass er mit einem 24er Karton
Budweiser zurückkommen würde, von dem schon sechs Dosen fehlen
würden, aber erfreulicherweise schien er heute seinen antialkoholischen
Tag zu planen, er trank brav Limonade.
Wir überlegten, wie
wir Montana am besten trainieren könnten. Rob bestand darauf, dass
er sich müde rennen müsste, damit er seine Übersensibiltät
ablegte. Also sattelten wir den Wallach, und unter den Anweisungen von
Rob ritt ich los. Er wollte, dass ich vom Haus an einfach losgaloppierte,
vor dem Haus lag eine riesige Weide. Ich widersprach - mit einem übernervösen
Pferd einfach loszurasen machte mir Angst, ich befürchtete, er würde
losbuckeln und mich abwerfen. Aber Rob rief mir so nachdrücklich zu
"Renn los!", dass ich Montana schließlich die Zügel gab und
angaloppierte. Montana raste los, brach nach rechts aus, bremste ab und
fing wie ein Irrer an zu buckeln. Mit Mühe und Not hielt ich mich
oben, verlor aber meinen Hut und meine Brille, darum stieg ich fluchend
ab und sammelte die Sachen auf. Ich hatte doch gewußt, dass es so
nicht klappen würde! Ich ritt also im Schritt weiter, während
Rob nicht aufhörte, vom Haus aus zu brüllen "Galoppier an!"
Schließlich war ich
es leid, ich ritt zum Haus zurück, um ihm zu sagen, dass er sein Pferd
gefälligst selber reiten könnte, wenn er so viel besser wußte,
wie es zu händeln sei, aber er hatte sich im Haus verkrümelt,
als ich zurückkam, also ritt ich wieder los. Und wollte es nun doch
irgendwie selbst wissen, also galoppierte ich noch mal an. Das gleiche
Spiel wie beim ersten Mal: nach rechts ausbrechen, buckeln. Nur dass ich
diesmal meinen Hut erst verlor, als ich auf dem Boden lag. Montana zog
mir den Zügel durch die linke Hand, den ich verzweifelt festhielt,
damit er mir wenigstens nicht davon lief. Die ganze Handinnenfläche
wurde dabei verbrannt, mein kleiner Finger angebrochen oder verstaucht.
Zum Glück blieb Montana stehen, nachdem er ein paar Schritte zurückgesprungen
war. Nachdem ich mich wieder halbwegs sortiert hatte, stieg ich also wieder
auf. Ab jetzt würde ich Schritt gehen!
Fünf Minuten später
sah ich Rob mit dem Truck hinter uns herfahren. Der Schock nach dem Sturz
lag mir immer noch in den Knochen, darum schnautze ich ihn, als er mit
Montana abnehmen wollte, an: "Du könntest mich wenigstens mal fragen,
ob ich mir was getan habe!", aber er hatte den Sturz offensichtlich gar
nicht gesehen.
Er setzte sich selbst auf
den Wallach und galoppierte los. Erstaunt sah ich das Paar davonrasen -
kein buckeln!
Nach dreissig Metern dann
die Wiederholung - Rechtskurve, buckeln, und Rob flog in hohem Bogen aus
dem Sattel.
Da er keine Anstalten machte,
aufzustehen, sprang ich in den Truck und fuhr hinterher. Montana kam auf
mich zugetrabt, ich erwischte ihm am Zügel und suchte nach Rob, den
ich im Gras nicht mehr sah. Als ich ihn endlich fand lag er zusammengekrümt
da. Ich sprach ihn an, er reagierte zum Glück, wollte aber nicht angefasst
werden. Da ich dieses Gefühl nur zu gut kannte, versprach ich ihm,
ihn nicht zu berühren, bat ihn aber, sein Bein zu bewegen, es schien
etwas merkwürdig auszusehen. Zum Glück war es doch nicht gebrochen,
also ließ ich ihm einige Minuten, um wieder klar zu werden und bis
die Schmerzen nachließen. Schließlich stand er auf und hielt
sich den Bauch, irgendwas im Unterleib schmerzte ihn. Offensichtlch nicht
genug, er brachte es immerhin noch fertig, wutschnaubend auf das Pferd
loszugehen. Ich versuchte ihm klar zu machen, dass Montana nur ein Pferd
sei - viel zu dumm, um jetzt noch zu wissen, wofür er bestraft werden
sollte. Schließlich brüllte ich ihn an, die Finger von dem Pferd
zu lassen. Als er endlich vor mir kapitulierte und zurück zum Truck
humpelte, wendete ich mich dem Wallach zu. Es nutzte nichts - er hatte
es zweimal geschafft, uns abzubuckeln; wenn ich ihn jetzt nicht noch ein
Stündchen ritt, würde er es immer wieder machen. Also führte
ich ihn erst mal ein paar Meter herum, bis ich mich selbst soweit in Griff
hatte, wieder aufsteigen zu können. Die folgende Stunde, die ich im
Schritt mit ihm über das Feld ritt, war wirklich keine Freude. Ich
hatte Angst und versuchte sie zu verbergen, und Montana war natürlich
übernervös und hibbelig. Als ich nach einer Stunde zurück
zum Haus ritt stieg ich etwa fünfzig Meter vor dem Zaun ab - ich war
selbst so verängstigt, dass ich mir sicher war, Montana auf die letzten
Meter noch damit anzustecken.
Vor dem Haus wartete Rob
auf uns. Er hielt sich den Unterleib und sagte, wir müssten sofort
zum Krankenhaus fahren, er habe unheimliche Schmerzen. In windeseile sattelte
ich Montana ab, aber als ich Rob in den Wagen laden wollte, war er verschwunden.
Er saß im Wohnzimmer, trank Limo und sagte, wir müssten nach
Prescott fahren, um seine Pistole im Pfandleihhaus zu holen - er wolle
das Pferd erschießen. Von Krankenhaus war keine Rede mehr, nur noch
davon, dass dieses Pferd niemanden mehr abwerfen würde - er müsse
es erschießen. Ich starrte ihn verblüfft an - hatte er doch
getrunken? Nein, hatte er nicht. Was sollte das dann? Er hörte nicht
mehr auf davon, ich sagte, wenn er das Pferd umbringen wolle, solle er
es am Montag zum Abdecker bringen. Nein, er wollte es unbedingt erschießen.
Letztendlich war ich es leid mit ihm zu diskutieren, ich erklärte
ihm, wenn im Garten ein totes Pferd liegen würde, würde ich das
Haus auf der Stelle verlassen. Half nichts. Er sprach wirr, langsam fragte
ich mich, ob er vielleicht auf den Kopf gefallen war.
Als er dann ins Schlafzimmer
ging und dort auf dem Bett einschlief, war ich erst mal erleichtert. Nach
einer knappen Stunde wachte er auf und kam wieder heraus, er musste ja
noch das Pferd erschiessen. Statt in Prescott die Pistole aus dem Pfandleihaus
zu holen, fand ich es doch mal an der Zeit, mit ihm ins Krankenhaus zu
fahren, er wurde immer wunderlicher. Also brachen wir schließlich
nach Prescott auf, auf der Fahrt schlief mir Rob wieder ein. Zum Glück
erinnerte ich mich daran, wo ich ein großes Hospital gesehen hatte.
Dort ging ich zur Notaufnahme und erzählte dem Arzt, dass ich jemanden
im Wagen hätte, der offensichtlich innere Verletzungen in der Bauchgegend
hätte und ausserdem wirr sprach. Ich wurde gefragt, ob er Medikamente
oder Alkohol zu sich genommen hätte, was ich vehement verneinte. Schließlich
versammelte sich ein ganzes Team von Ärzten und Pflegern vor dem Truck,
um den schlafenden Rob zu wecken und auf eine fahrbare Trage zu verfrachten.
Als Rob endlich aufwachte fragte er mich, wo er wäre.
"Am Krankenhaus", erklärte
ich.
Er fing an zu fluchen: "Wie
konntest Du das tun? Ich bin nicht versichert, ich kann mir kein Krankenhaus
leisten!"
"Aber Du wusstest doch,
dass wir hierherfahren!"
"Ich kann mir das nicht
leisten! Laß uns wieder fahren!" rief er.
"Ich kann es bezahlen",
widersprach ich.
Nun begannen auch die Ärzte,
auf ihn einzureden: "Erst mal kostet es nichts. Laß und wenigstens
mal sehen, was Du hast."
"Nein! Ich will nicht, ich
kann es mir nicht leisten!"
"Hast Du was getrunken?"
fragten die Ärzte.
Mir blieb bei seiner Antwort
fast der Mund offen stehen: "Ja."
"Was hast Du getrunken,
Rob?" fragte ich.
"Jack Daniels."
Heimlich. Er hatte sich
eine Flasche Whisky gekauft und den ganzen Tag heimlich gesoffen. Nun verstand
ich einiges. Warum hatte er das bloß gemacht? Ich hatte doch nie
was zu seiner Trinkerei gesagt.
Mir blieb nichts anderes
übrig, als ihn wieder einzupacken, ich konnte den Ärzten kaum
zumuten, einen stinkbesoffenen Patienten aufzunehmen.
Auf dem Rückweg nach
Paulden konnte ich mir dann anhören, was ich bescheuert sei, ihn ins
Krankenhaus zu bringen. Mir war es egal, wenigstens hatte er die Pistole
vergessen.
Zuhause fing er an, nach
einem Messer zu suchen - statt der Pistole. Gnädigerweise schlief
er ab er bald wieder ein, ich suchte in der Zeit nach der Flasche Whisky,
konnte sie aber nirgends finden.
Um acht Uhr Abends erschien
er wieder im Wohnzimmer.
"Good morning!" wünschte
er gut gelaunt.
"Wir haben Abend, nicht
Morgen."
"Du lügst. Wo ist der
Kaffee?"
"Es ist Abend."
"Stimmt nicht. Gibt es Kaffee?
Und wo ist das Messer?"
Es fing schon wieder an,
also kochte ich ihm einen koffeinfreien Kaffee und überlegte fieberhaft,
wie ich ihn ruhig stellen konnte, bevor er ein Messer fand. Mir fielen
die Schlaftabletten ein, die ich mitgenommen hatte, um zu versuchen, mit
deren Hilfe bei dem Langstreckenflug zu schlafen. Ich kam mir vor wie in
einer billigen Seifenoper, als ich ihm in der Küche zwei Tabletten
in den Kaffee bröselte. Aber ich wußte einfach nicht mehr, was
ich machen sollte, während Rob von einem toten Pferd redete, das er
im Garten verbuddeln würde. Wenn es hart auf hart kam konnte ich ihn
nicht mit Gewalt zurückhalten, dazu fehlte mir einfach die notwendige
Muskelkraft. Er trank die Hälfte von seinem Kaffee und ging dann wieder
ins Bett. Ich machte mir ein Bett auf der Couch im Wohnzimmer, um notfalls
mitzubekommen, wenn er wieder aufwachte und nach einem Messer suchte. Er
stand noch zweimal auf, dann war endlich Ruhe.
Netter Samstag ... |