16. - 17.06.2000, Lake Ranch, Wyoming - More stormy weather
 
Freitag.

Ein totaler Regentag. Während Ferdinando sich bemühte etwas zu finden, um seine neuen Gäste zu unterhalten, werkelten Elena und ich in der Küche herum.
Mittags sorgte ein Besuch von Monte und einem Freund von ihm für ein bisschen Abwechslung - zumindest die Amerikaner langten bei den "Slappy Joes" (typisches amerikanisches Ranch-food), die ich zum Lunch gemacht hatte, kräftig zu, während sich die Italiener in skeptischer Zurückhaltung übten. Was der Bauer nicht kennt, frißt er nicht ...

Three EarElena, Roberto, Ferdinando, Montes Bekannter und Monte

Nachmittags klarte es auf, ich sattelte ein Pferd für Erika, aber die war mit ihrem Mann zu einem Spaziergang verschwunden. Also begleitete ich Luca, Elena und Roberto auf einen Ritt, um drei Pferde von einer weiter entfernten Weide zu holen, die Gregg am nächsten Tag abholen wollte. Wir gerieten dabei in eine kräftigen Regenschauer - das Wetter änderte sich schnell in Wyoming!
Zurück an der Ranch fand ich endlich Erika und setzte sie auf "BB", während die anderen nochmals zu einem Ausritt aufbrachen. Erika schluffelte glücklich auf dem Ranchgelände herum, bis die anderen zurück waren.

Eines der Pferde, die wir eingefangen hatten, war ein zweijähriger Rappe, den Luca und Ferdinando zusammen mit zwei weiteren Pferden für den Sommer von einer Indianerreservation gemietet hatten. Ich verstand den Deal nicht vollkommen, aber offensichtlich bekamen sie zwei halbwegs reitbare Pferde relativ günstig gemietet, wenn sie dafür den kleinen Rappen, den wir "Indian Black" tauften, zuritten.
Ich hatte mit Luca am Vorabend über den Wallach gesprochen und mit ihm abgemacht, dass ich mein Glück mit ihm versuchen würde. Angeblich hatten Indianerkinder ihn schon mal geritten, aber ich hatte schon Schwierigkeiten, das scheue Pferd überhaupt einzufangen. Nachdem ich ihn schließlich mit Futter überlistet hatte, brachte ich ihn zum Round Pen und versuchte mein Glück mit einem "Join up". Indian Black schlitterte durch den matschigen Round Pen, während vier oder fünf Italiener quatschend meine Horsebraking-Fähigkeiten beobachteten. Ich gab schließlich auf, letztendlich folgte mir Indian Black zwar nicht, aber zumindest ließ er sich anfassen.

Indian BlackIndian Black

Zum Abendessen war Ferdinando nicht da, er war nach Rapid City gefahren, um neue Gäste abzuholen. Die hatten mal wieder Schwierigkeiten mit den Flugverbindungen und trafen erst am nächsten Tag ein, weswegen Ferdinando die Nacht in Rapid verbrachte. Elena, Luca, Roberto und ich machten einen auf Tanzbar, nachdem Erika und Paulo in ihr Cabin zum Schlafen gegangen waren. Wenn man Luca ein halbes Glas Whisky gab und dann "Footloose" auf der Musik-Box laufen ließ, bekam einen echten "Footloose" von ihm geboten ...
Nach einer Stunde mit Musik-Box und Billiard gingen Elena und Luca auch schlafen, während ich versuchte, mit Roberto so etwas wie ein Gespräch anzufangen. Gar nicht so einfach mit einem Italiener, der nur italienisch sprach. Schließlich begnügten wir uns damit, und gegenseitig Sprachunterricht zu geben - er sollte mir Italienisch beibringen, ich würde ihm mit Englisch helfen. Weit kamen wir nicht - ohne die geringsten Grundkenntnisse konnte man noch nicht einmal nach einzelnen Wörtern fragen. Aber nächsten Tag erzählte mir Luca, dass er und Elena sich die ganze Zeit gefragt hatten, warum Roberto und ich so lange über "amore" gesprochen hätten (im Gästehaus waren die Wände fast aus Papier). Warum? Ich hatte versucht herauszufinden, was "ich mag" auf italienisch hieß - "No amore ... io hm-hm-hm cavallo (Pferd)" hatte ich mit Händen und Füßen versucht, aus ihm herauszukitzeln. Chancenlos!


Samstag.

Elena und RobertoMorgens hatten wir stralenden Sonnenschein, aber bis die Pferde für einen Ausritt gesattelt waren, zog es sich wieder ungemütlich zu. Während Luca und Elena zu einer Nachbarweide aufbrachen, um von dort einige Lake Ranch-Stiere zurück zu holen, führte ich Erika und Paulo zu einem einfachen Ausritt aus. Erika konnte zwar englisch reiten, war aber sehr ängstlich, und Paulo war absoluter Anfänger. Zudem hasste er das Landleben - es war nicht einfach, ihn hier happy zu machen.
Nach anderthalb Stunden brachte ich sie zurück zur Ranch und bereitete das Mittagessen vor: Reismatsche aus allen möglichen Resten, die in der Küche aufgebraucht werden mussten, gnädig verpackt in Tortillas.
Monte tauchte wieder pünktlich zum Lunch auf, diesmal brachte er seinen neuen Cowboy, Ty, mit. Der Einundzwanzigjährige war mit Leib und Seele Cowboy und Bullrider (Spinner!) und cooler als John Wayne.

Nachmittags kam Ferdinando endlich mit den beiden neuen Gästen an: Angelo und dessen zehnjähriger Sohn Marco. Beide sprachen (natürlich ...) kein englisch, weswegen ich für sie kaum ein "Hello" wert war. Nun, ich verschmerzte das und hatte dafür diesmal meine Ruhe mit Indian Black, während die Italiener im Ranchhaus quatschten. Da der Round Pen immer noch zu matschig war, machte ich mit dem Wallach einen "Join up" in der kleinen Scheune hinter der Sattelkammer, diesmal mit merklich mehr Erfolg. Dann sattelte ich ihn und brachte ihn zum Round Pen. Dort versuchte ich ihn ein wenig in Bewegung zu halten, aber er schlitterte wieder hoffnungslos herum. Schließlich gurtete ich nach, zog ihm eine Wassertrense an und stieg auf. Mir ging der Arsch auf Grundeis, das letzte Mal, als ich so etwas gemacht hatte (im März auf der Williams Family Ranch), war das Pferd mit mir durchgegangen und buckelnd durch alle Zäune gegangen. Der kleine Rappe schien zum Glück nicht an Buckeln zu denken, ich ließ ihn eine viertel Stunde lang durch den Round Pen schliddern und stieg dann wieder ab, erleichtert, noch am Leben zu sein ...

Inzwischen hatten sich die anderen zu einem Ausritt fertig gemacht, ich sattelte mir auch ein Pferd, um Elena, Erika, Paulo, Angelo und Marco zu einem Ausritt zu führen, während Luca und Roberto nach Rapid City fuhren, um weitere Gäste abzuholen.
Ferdinando blieb auf der Ranch, weil er noch ein amerikanisches Pärchen erwartete, seinen Anwalt aus Gilette und dessen Frau, die über Nacht bleiben würden. 
Zum Abendessen saßen also neun Leute am Tisch und aßen Spaghetti Carbonara, die Ferdinando gekocht hatte. Neun Leute plus Luca und Roberto, die in Rapid City übernachten mussten, weil die neuen Gäste mal wieder nicht im angekündigtem Flieger saßen (nette Flugverbindung nach Rapid City ...) - hatte Luca nicht zu mir gesagt "two or three guests at a time"? Das hier roch nach Arbeit!

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Last Update: 07/2000 
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