04.07.2000, Lake Ranch - Independence Day
 

Luca und GreenoVormittags ritten wir alle zusammen zu unserer Nachbarin Marian, die mal wieder vier von unseren Steers zwischen ihren geliebten Kühen entdeckt hatte. Routiniert und inzwischen bestens bekannt mit Marians Pasture trieben wir die Ausreißer zurück zur Lake Ranch und sahen danach noch nach unserer Stutenherde. Schocolate, die dunkelbraune Stute, hatte endlich ihr Fohlen bekommen, das gesund und munter neben ihr herstolperte. Es war das letzte Fohlen in diesem Jahr, zwölf oder dreizehn kleine Pferdekinder liefen nun mit der Stutenherde.

Stutenherde

Zum Lunch gab es nur Hamburger und mit Käse überbackene Toasts. Franco hatte sich zu einem aus Köchinnensicht sehr angenehmen Gast entwickelt. Neugierig fragte er immer, was es gab, und dokumentierte dann alles, was ich auftischte, mit lautstarker Begeisterung. Das spornte Richtig zu guten Ideen in der Küche an und machte immensen Spaß. Besondere Spannung galt immer dem Nachtisch, den es aber nur zum Diner, also abends, gab. Mit einfachen Mitteln versuchte ich möglichst interessant aussehende Desserts zu servieren, die meistens nichts weiter als verschiedene Puddings oder ähnliches waren.
Am Nachmittag über kam die Männer ein unheimlicher Tatendrang. Sie schnitten die Hecke vor der Lodge und mähten den Rasen (was eine riesige Fläche war!), wobei sie sich gegenseitig abwechselten, während ich in der Küche das Abendessen vorbereitete.
Bei ihren Aufräumarbeiten fanden sie eine Moto Cross Maschine in der Scheune, die recht funktionsfähig aussah, zu der aber die Schlüssel fehlten. Nun - es waren nicht umsonst italienische Männer auf der Ranch - nach zehn Minuten lief das Motorrad auch ohne Schlüssel ...
Franco brauste wie ein Profi mit der Kiste über die Ranch - das hätte ich dem gut genährtem Kerl gar nicht zugetraut. Auch Luca drehte ein paar Runden, dann brachten sie die Maschine zurück in die Scheune.                    

Luca auf dem MopedFranco auf dem MopedLuca auf dem Moped

Luca fuhr am späten Nachmittag nach Rapid City, um den (un)erwarteten belgischen Gast abzuholen, und verpasste meine neuesten Kreationen: Würstchen im Schlafrock (oder Hot Dogs in einem Teigmantel), Paprikaschoten mit Reisfüllung und zum Nachtisch ein Schokoladen-Pie (Kuchenboden mit Schoko-Pudding gefüllt und Sahnehäubchen obenauf).
Danach überlegten wir, ob wir zum Devils Tower fahren sollten - es war Independence Day und ein großes Feuerwerk angekündigt. Das Problem war nur: Luca hatte den Van, mein Pickup nur drei Sitzplätze und ein zweiter Ranch-Van stand zwar in der Scheune, wir hatten ihn aber noch nie benutzt, wahrscheinlich funktionierte er nicht.
Roberto probierte ihn trotzdem aus, aber er sprang nicht an, die Batterie war leer. Nun waren wir aber schon in Reiselaune, also holten Roberto und Franco sich zwei Kissen und setzten sich auf der Ladefläche auf die Toolbox von meinem Pickup. Fiorenzia stieg zu mir ein, und ich startete den Motor. Legte den Gang ein und gab Gas.
"Wrrrrrruuuuummmmmm!" - das war ein Sound! - leider fuhr die Kiste aber nicht.
Ich legte den Gang noch mal ein.
"Wrruuuummmmm." - zwei Zentimeter. Ganz offensichtlich packte die Kupplung nicht. Ich schaltete in Vierradantrieb.
"Wrruuummmm." - zehn Zentimeter.
Rückwärtsgang.
"Wrrruuuuummmmmumumumummmm." - fünf Meter .... und bremste. Die &%$§&$%§-Kiste fuhr nur noch rückwärts - nichts zu machen. Ich probierte noch eine viertel Stunde lang herum, checkte die Antriebsstangen, das Getriebeöl, aber ich fand nichts. Ich zuckte entschuldigend mit den Schultern - dann wurde wohl nichts aus dem Feuerwerk am Devils Tower. Roberto machte den Vorschlag, die Batterie aus meinem Pickup in den Van einzubauen. Nicht ganz glücklich darüber, nun schon zu beginnen, meinen geliebten Pickup auszuschlachten stimmte ich schließlich zu, nach einer weiteren viertel Stunde saßen wir also endlich in einem Fahrzeug in Richtung Devils Tower.
Nachdem wir den privaten Ranchweg verlassen hatten und auf den Schotterweg nach Hulett abbogen, kam uns ein Fahrzeug entgegen. Das kam sogar im einsamen Wyoming ab und zu vor, wir blinkten ihn grüßend an. Auch das zweite Fahrzeug, das uns entgegenkam, blinkten wir noch an. Das dritte. Vierte. Wir staunten nicht schlecht, was für ein reger Verkehr diese Nacht herrschte, den fünfzehnten (ja - wir zählten genau mit!) hielten wir schließlich an, um ihn zu fragen, warum uns halb Wyoming entgegenkam. Es war zufällig Don, die Frau eines Nachbarn, die ich im Frühjahr kennen gelernt hatte. Bereitwillig gab sie Auskunft, während sich hinter ihr eine Autoschlange (!) bildete: sie kamen alle vom Devils Tower, wo das große Independence Day Feuerwerk stattgefunden hatte. Wir waren wohl etwas spät dran ...
Wir fuhren trotzdem noch zumindest bis zum Fort, um ein Bierchen zu trinken, aber dort machten sie gerade zu und verkauften uns nur noch einen Karton Bud zum mitnehmen. Independence Day in Amerika: um zehn klappten die Amis die Bürgersteige hoch - das hatte ich mir aber völlig anders vorgestellt.
Wir fuhren also zurück zur Ranch und vertrieben wir uns die Zeit mit quatschen und Karten spielen - wir warten auf Luca und den neuen Gast. Die Belgierin sollte gegen zehn am Flughafen Rapid City ankommen, aber sie wäre der erste Gast seit Wochen, dessen Abendmaschine pünktlich landete - fast rechneten wir damit, dass Luca wieder mal in Rapid übernachten müsste.
Wir unkten schon herum, als der Van den Hügel zur Ranch herunterkam und Luca mit unserem neuen Gast ausspuckte, den wir neugierig in Augenschein nahmen. Verle, eine junge Frau um die dreißig, die uns ziemlich müde mit kleinen Augen begrüßte. Ihre Muttersprache war flämisch, aber sie sprach gut genug Englisch, um sich mit mir und Luca zu verständigen. Auf einen verspäteten Imbiss verzichtete sie, wie zu erwarten. Ich zeigte ihr das Zimmer, das ich für sie vorbereitet hatte, und wünschte allen eine Gute Nacht.
Meine Nacht war nicht so gut - der kaputte Pickup lag mir sehr schwer im Magen.

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Last Update: 01/2001 
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