The German tourist breaks the wild horse
Nach dem Essen ging ich wieder zum Roundpen, Greg hatte mir Greeno gesattelt, damit ich mit ihm ein bißchen in der Arena herumreiten konnte.
Nach wie vor war er reichlich faul, es war ganz schön anstrengend, ihn zu reiten. Greg wollte auch nicht, dass ich ihn an Zügelhilfen gewöhnte, er wollte nur, dass ich ihn bewegte. Er meinte, die jungen Pferde sollten nur laufen, möglichst viel und möglichst schnell. Er war hier der Ausbilder, und auch wenn ich nicht ganz seiner Meinung war machte ich natürlich was er verlangte. Da Greeno keine Zügelhilfen kannte war es nur leider nicht immer einfach, ihn in der richtigen Richtung zu halten, die Arena war gut fünfzig mal hundertfünfzig Meter groß.
Zum Absteigen ritt ich zurück in den Roundpen. Wie anfangs auch Maccaroni hatte er die schlechte Angewohnheit, ein paar Schritte rückwärts zu gehen, wenn der Reiter beim Absteigen noch halb auf seiner Seite hing. Maccaroni hatte ich das abgewöhnen können, indem ich ein paar mal ganz langsam abgestiegen war, während ich sie beruhigte, das versuchte ich bei Greeno jetzt auch. Als ich dann auf seiner linken Seite hing, den rechten Fuß noch im Steigbügel, sprang er plötzlich nach vorne weg. Ich verlor den Halt und knallte mit dem Kopf zuerst auf den Boden, den Fuß noch im Steigbügel, während Greeno weiterging. Dann rutschte der Fuß zum Glück raus, irgendwie rannte Greeno über mich drüber und trat mir dabei in den Bauch. Whow! Das tat gut weh, ich krümmte mich zusammen, konzentrierte mich auf den Schmerz und versuchte die Bilder von auslaufenden Gedärmen zu verscheuchen, die mir vor Augen kamen. 
Greg kam sofort angerannt und fragte was los sei. Er sollte mich bloß nicht anfassen, ich brauchte ein paar Sekunden, um mit mir selbst klarzukommen, also quetschte ich, obwohl ich eigentlich kaum Sprechen konnte, heraus "Don't touch me! Wait some seconds! Just 'til the hurt is gone ... Don't move me!" - im nachhinein wunderte ich mich, wie ich unter diesen Umständen überhaupt noch Englisch sprechen konnte.
Nach einigen Sekunden (oder Minuten, ich weiß es nicht) ließ der Schmerz nach - ein tolles Gefühl. Ich sprang so bald wie möglich auf, damit Greg sich keine Sorgen machte. Mein Bauch tat verdammt weh, aber viel schlimmer war mein Oberarm, was ich aber erst später bemerkte, als ich ein Bier trinken wollte. Ich konnte ihn kaum heben und bekam dort einen handgroßen blauen Fleck, den ich noch zwei Wochen nach meinem Urlaub als Andenken an Amerika herumzeigen konnte.
Ich sammelte meinen Hut auf und ging zu Greeno, der verängstigt in einer Ecke stand. Wahrscheinlich hatte er sich mehr erschrocken als ich. Ich führte ihn ein wenig durch den Roundpen, hängte mich mit den Händen in den Steigbügel, damit er das Gewicht darin später nicht mit dem Unfall in Verbindung brachte und strich ihm beruhigend über den Hals, was er sich heute schon viel besser gefallen ließ als am Vortag.
"Ready for a beer?" fragte Greg mich, als ich Greeno stehen ließ.
"Yeah!" rief ich aus tiefstem Herzen. Ein Bier war jetzt wirklich fällig.
Wir standen im Roundpen, tranken Bier.
"Bist Du okay?" fragte Greg mich.
"Ja, klar. Welches Pferd darf ich als nächstes Reiten?"
Er lachte und meinte: "Nelly." Nelly war eine kleine Apfelschimmelstute, die im Frühjahr schon mal kurzzeitig angeritten wurde, nach einigen Buckeleskapaden aber wieder zurück auf die Weide gebracht worden war. 
"In Ordnung", stimmte ich zu, aber Greg lachte nur noch mehr. Er war ein sehr vorsichtiger Mann, auf Nelly hätte er mich schon vor dem kleinen Unfall mit Greeno nicht gesetzt.
Obwohl ich mehrfach betonte, dass das Ganze nicht Greenos, sondern meine eigene Schuld gewesen war, schließlich war ich reichlich unvorsichtig gewesen und hätte damit rechnen müssen, dass er sich erschrecken könnte, legte Greg ihm diese Art Fußfessel an, wie er es bei den Pferden tat, die er zum ersten mal sattelte. Er machte das ganz ruhig, ohne dabei dem Pferd gegenüber in irgendeiner Weise eine negative Stimmung zu äußern. 
So war er übrigens immer, ich habe ihn nie ein Pferd anbrüllen oder gar schlagen sehen, auch wenn ich einige seiner Ausbildungsmethoden etwas merkwürdig fand.
Auf den so gefesselten Greeno stieg Greg auf, löste die Fessel und ritt ihn dann ein paar Runden in der Arena. Dann kam er zurück und fragte mich, ob ich noch einmal drauf wolle. Eigentlich nicht, ich hatte ja aufgehört zu reiten, weil ich fand, dass Greeno genug getan hatte, aber ich wollte jetzt keinen Rückzieher machen, also drehte ich auch noch ein paar Runden in der Arena. Diesmal sprang ich mit Schwung ab - für diesen Tag hatte ich genug von Experimenten.

Am nächsten Tag zog es mich nach einem Ausritt mit Three Ear wieder magisch zum Roundpen. Dort war Greg mit Nathan dabei, eine Zuschauerplattform zu bauen, die zwischen dem Roundpen und einer Ecke der neuen Arena lag. Offensichtlich hatte er einen guten Vorrat an Bier da gehabt, er bot mir zwar an, Greeno für mich zu satteln, aber eher halbherzig, da er so gefangen war von der Vorstellung, diese tolle Plattform noch heute fertigzustellen. 
Ich ließ ihn herumwerkeln, band Three Ear außen am Roundpen an und ging hinein, während Greeno mir mißtrauisch entgegensah. Ich lockte ihn mit einem Bündel Heu, auf das sich aber die gesattelte Maccaroni stürzte, die mir fortan wie ein Hund hinterherlief, während ich versuchte, Greeno zu erwischen. Ich schaffte es, ihn mit der Bürste zu putzen, ihn am Hals zu streicheln, aber sobald ich ein Seil aufnahm, das ich ihm um den Hals legen wollte, rannte er weg. Nach einer Stunde war er so genervt, dass er sogar nach mir austrat. 
"Man kann ihn einfach nicht einfangen!" rief ich Greg zu.
"Es gibt eine Möglichkeit ..." widersprach er.
"Ja, ich kann ihn am Halfter packen und mir dabei die Hand brechen ..." stimmte ich zu.
"Du kannst ihn ropen!" meinte er.
Netter Scherz. Am Morgen hatte ich mir kurz von ihm zeigen lassen, wie man ein Lasso schwang - nach wenigen Minuten hatte ich es wieder weggelegt, der letzte Tag war eine etwas zu späte Gelegenheit um anzufangen, Lasso werfen zu üben.
Ich versuchte dann etwas anderes. Aus einem einzelnen Zügel machte ich eine Schlinge, dann bestieg ich Maccaroni und ritt mit ihr neben Greeno her. Der ging vor einem anderen Pferd zwar auch laufen, aber nicht so fluchtartig wie vor mir zu Fuß. Nach einem Fehlversuch schaffte ich es, ihm die Schlaufe über den Kopf zu ziehen. Ich war stolz wie Oskar!
"Hey, Greg, schau mal! Ich habe ihn geroped - auf europäische Weise!" 
Inzwischen waren Monte und Max von irgendwoher zurück gekommen und ließen sich von dem Deutschen Greenhorn, das versuchte, ein Wildpferd zu zähmen, unterhalten.
Ich stieg von Maccaroni ab und sattelte Greeno. Dann setzte ich mich wieder auf Maccaroni und trieb Greeno ein paar Runden durch den Roundpen - so hatte ich es mir bei Greg abgeguckt. Ich machte es nicht so gut wie er, dazu fehlte mir die Übung, aber es war immerhin ein Anfang. Zwischendurch hielt ich an, drehte mich zu meinem Publikum um und fragte sie, ob sie nichts zu tun hätten. Offensichtlich nicht genug.
Ich wechselte von Maccaroni auf Greeno, ritt mit ihm ein paar Runden im Roundpen und dann draußen in der Arena. Er machte sich, er war zwar nach wie vor faul, aber immerhin lernte er allmählich auf Zügelhilfen zu reagieren. Ich kam mir nur ein bißchen blöd vor, ihn vor gaffendem Publikum zu reiten. Zum Glück begann es zu dämmern, ich fragte Greg, ob es in Ordnung sei, wenn ich die Pferde absattelte und mit Three Ear noch mal zum Wasserloch brachte. Klar war das in Ordnung, wie immer, also brach ich mit Three Ear ein letztes Mal auf, um Rancharbeit zu erledigen.

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