13. - 15.03.2000, Paulden, Arizona - Cars, animals and people 
 
Montag - Ein kaputtes Notebook, ein kaputter Truck und ein gelangweiltes Pferd.

Nachdem ich das Frühstück, das Nancy für mich machen wollte, dankend abgelehnt hatte, brach ich mit Rob auf nach Prescott Valley, wo ich ihn bei seiner Arbeitsstelle ablieferte. Sieben Uhr früh - das ist selbst für Amerika noch Schlafenszeit, also suchte ich mir erst mal ein Dennys, um dort bei Pfannekuchen und Bacon die Zeit tod zu schlagen, bis ich einen Laden aufsuchen konnte, der mir mein Notebook reparierte. Nebenbei wühlte ich noch im Telefonbuch nach Autovermietern ...
Der Computerladen, den ich aufsuchte, lehnte einen Reparaturauftrag ab, nachdem ich erklärt hatte, ich müsste erst eine Datensicherung haben - ich wollte nicht riskieren, dass zweihundertfünzig Megabyte Bilder einem Reparaturversuch zum Opfer fielen. Sie verwiesen mich an einen anderen Laden in Prescott, der größer war und vielleicht einen externes CD-Writer hätte. Also fuhr ich nach Prescott rein, hier kannte ich mich wenigstens aus und fand ohne Probleme das beschriebene Einkaufszentrum. Und in dem empfohlenem Computerladen erkannte ich sogar das Geschäft wieder, wo ich mir vor fast drei Monaten das Telefonkabel für mein Modem gekauft hatte. Auch sehr freundliche Leute dort!
Bevor ich den Laden aber erreichte, gab es ein bekanntes Geräusch ...
"krrrrkrkrkrkkkrrrrrrrrrrrrrkkrkrr ..."
Ich war gerade auf der Einfahrt zum Parkplatz und schaffte es noch, den Truck halbwegs aus dem Weg heraus abzustellen.
Hm. Truck mal wieder kaputt und was nu? Vom Geräusch und Verhalten her vermutete ich, dass sich die Antriebsstange wieder gelöst hatte, und da mein netter Retter vom letzten Mal weit und breit nicht zu sehen war, suchte ich ein Telefon und rief meine "Freunde" von Jims Auto-Klinik an (die mit dem guten Kaffee ...). Die waren auch ganz flott da, und nach zwanzig Minuten fuhr mein Truck wieder. Es war nicht die Antriebsstange, sondern irgendwas im Getriebe, meinten sie. Sie hatten nichts weiter gemacht als den Vierradantrieb auf Neutral gestellt, zurückgeschaltet und dann lief er wieder. Ich solle es im Auge behalten und vorbeikommen, wenn es wieder passierte. Ich bedankte mich (Geld wollten sie nicht) und fuhr die letzten Meter weiter zum Computerladen - den es dort nicht mehr gab, er war umgezogen und Neueröffnung fand erst zwei Wochen später statt.
Das reichte mir für diesen Tag, eigentlich hatte ich vorgehabt, noch etwas in der Gegend herumzufahren, aber stattdessen fuhr ich zurück nach Paulden, wo ich dem gelangweilten Montana Gesellschaft leistete und diverse Autovermieter anrief, um Preise zu vergleichen. Meine deutsche Versicherung musste ich auch noch anrufen, da sie mir bestätigen musste, ob sie auch die Versicherung für Mietwagen abdeckte.

Der Truck schien wirklich hinüber zu sein, auf dem Weg nach Paulden machte er drei Mal ""krrrkrkrrrrkrkkrkr", vorzugsweise mitten auf einer Kreuzung, wo ich dann erst mal hier Gang raus und da Gang rein und rumwerkel und das Ganze unter weiteren "kkrrrrrkrrrkrkrk" und .... *auweia*
Als ich nach Prescott Valley fuhr, um Rob von der Arbeit abzuholen machte, es wieder mehrfach "krrrkrkrrrrkrkkrkr" - na, Rob würde sich freuen.
Der freute sich tatsächlich - er lachte mich aus und war wohl der Meinung, es läge nur daran, dass ich zu dämlich sei, den Gang richtig reinzumachen. Na, lass ihn mal lachen.
Er fuhr den Truck selbst zurück nach Paulden und lachte für meinen Geschmack zu lange, ich dachte schon darüber nach, ob ich wirklich zu dämlich sei, "meinen" Truck richtig zu schalten. Bis dann - "krrrkrrrk usw."
Amerika - Serviceland. Auf der anderen Straßenseite war gerade zufällig ein "Grease-Monkey", eine Ladenkette, die sich auf schnelle Ölwechsel spezialisiert hatte. Rob vermutete, dass kein Öl mehr im "Transfercase" war, in dem Ding werden die Gänge reingeschaltet. Leider weiß ich die deutsche Übersetzung nicht, da es was mit dem Vierradgetriebe zu tun hat. Dafür weiß ich aber jetzt, wie ein Transfercase aussieht und was es kostet ...
Nun denn, im Grease-Monkey wollten sie also das Öl in dem Ding wechseln - leider gab es nichts zu wechseln, es war leer. Rob hatte das Teil im letzten Jahr von einem Frend auseinandernehmen und wieder zusammensetzen lassen, und dieser Freund hatte offensichtlich vergessen, Öl einzufüllen. In erster Linie also seine Schuld, aber ich musste ich zähneknirschend zugeben, dass die letzten fünftausend Meilen ohne Öl im Transfercase auf mein Konto gingen. Rob hatte mir im Januar eine Liste von Inspektionspunkten gegeben, die ich bei dem Truck machen lassen sollte, und ich hatte nach den ganzen Werkstattbesuchen einfach keine Lust mehr gehabt, auch noch das Zeug zu erledigen :-((
Wir hofften, dass es mit der Befüllung getan war und fuhren zitternd lauschend nach Paulden weiter. An einer Abzweigung machte es .... ja, ja, das Geräusch kennen wir ja nun. Immer noch gab Rob die Hoffnung nicht auf. Vielleicht musste sich das Öl ja erst mal verteilen.
Zumindest war der Abend in Paulden gemütlich, Nancy war nicht da, was mein Wohlbefinden erheblich verbesserte, wenn ich auch damit rechnete, dass sie jeden Moment auftauchen würde, um mich dabei zu erwischen, wie ich ihren Rob vernaschte. Weit gefehlt! Ausser Gemüsesticks mit Sauerrahm-Dipp vernaschte ich gar nichts ;-)


Dienstag - Die Autosuche, die Auktion und ein neuer Wagen.

Am nächsten Tag hatte sich der Truck immer noch nicht erholt. Nachdem wir unter Gekrackse in Prescott Valley eingetroffen waren, wo ich Rob bei seiner Arbeit absetzte, fuhr ich unter Gekrackse weiter zu "Coco" - wieder Frühstück mit Pfannekuchen und Bacon, bis auch der Rest von Arizona aufwachte. Diesmal wühlte ich im Telefonbuch nach Autohändlern - meine deutsche Versicherung deckte keine Mietwagen ab, und da in mir der Plan reifte, dieses Jahr noch mal drei Monate blau zu machen, brauchte ich sowieso einen Wagen in Amerika ...
Also besuchte ich ein paar Autohändler, die sich schon die Hände rieben, wenn ich mit dem knatternden Truck vorfuhr. Sobald ich dann auch noch den Mund aufmachte und somit verriet, dass ich Deutsche war, addierten sie automatisch fünfhundert Dollar zum Verkaufspreis hinzu. Die amerikanischen Autohändler haben nämlich die schlechte Angewohnheit, die Gebrauchtwagen nicht mit Preisen auszuzeichnen, man muss für jeden einzelnen Fragen. Nach vier Händlern und drei Probefahrten musste ich einsehen - ein Wagen mit Vierradantrieb und genug Platz für mein Gepäck war in der Preisklasse, die ich anstrebte (maximal viertausend Dollar) kaum zu haben. 

Frustriert fuhr ich mein nächstes Ziel an: die Livestock-Auktion. Vielleicht konnte ich ja statt Auto ein nettes Pferd kaufen. Nein, sicherlich nicht, aber ich fand die Atmosphäre interessant, und vielleicht traf ich dort sogar bekannte Gesichter. Ich sah tatsächlich Stephen, den Headwrangler von der Mule Shoe Ranch. Er erkannte mich sicherlich auch, aber sprach mich nicht an - na ja, was soll's, ein so inniges Verhältnis zur Mule Shoe Ranch hatte ich ja auch nie gehabt ...
Diesmal wurden nur sehr wenige Pferde verkauft, und sogar noch billiger als beim letzten Mal. Und viele Ziegen, fast hätte ich ein Zicklein für zwölf Dollar ersteigert, aber ich erinnerte mich gerade noch rechtzeitig an den Zaun um Robs Grundstück, der diesen Winzling kaum gehalten hätte.
Schließlich war es an der Zeit, Rob von der Arbeit abzuholen, unter Gekrackse kämpften der Truck und ich uns von Kreuzung zu Kreuzung - es war wirklich kein Spaß mehr, mit dem Teil zu fahren. 
Rob sah das zum Glück auch ein, wir entschieden, dass der Truck sofort in Reparatur müsste und wir (das hieß natürlich: ich) uns einen Mietwagen besorgen. Gesagt, getan, und so tauschten wir einen 84'er Chevy Blazer gegen einen 2000'er Pontiac Grand AM ein. Es war schon irgendwie ein dolles Gefühl, mal wieder in einem "richtigen" Wagen zu sitzen - aber der Fahrspass stellte sich bei dem Luxusschlitten nur ein, wenn ich mit 70 Meilen über einen der Feldwege rauschte - die Federung war echt gut ...
Für das Abendessen hatte ich Rindfleisch gekauft, das wie Steak aussah, aber zu nichts gut war ausser zu Eintopf, wie Rob mir erklärte. Also bereitete er damit das Essen für Morgen vor. Zufall oder nicht - die abendliche Rettung für den leeren Magen trudelte kurze Zeit später in Form von Nancy und drei T-Bone-Steaks ein. 
"Did you see our new car?" begrüßte ich sie und biß mir im selben Moment auf die Lippen. " 'My' car" hätte ich besser gesagt. Oder auch nicht - wir wußten sowieso beide, dass wir uns was vorspielten.
Die Steaks waren aber trotzdem gut!


Mittwoch - Ein Besuch in Sedona, ein leerer Tank und ein Abschied von Nancy.

Rob wurde heute in Rekordzeit zur Arbeit gebracht, der Pontiac war wirklich ein flottes Kistchen! Damit würde ich die Strecke nach Sedona mit links abreissen, also brach ich zu einem zweiten Besuch der Stadt mit den roten Felsen auf, um diesmal Fotos mit blauem Himmel zu bekommen, nachdem Anfang Januar dort alles Schneeverhangen war. Als erstes suchte ich dort das Circle K auf (hey - lange nichts mehr von gehört, gelle? Aber in Prescott gibt es auch genug, nach der Arbeit war es unser erster Anlaufplatz - Rob für sein (hoffentlich erstes) Budweiser und ich für meinen zigsten Kaffee am Tag).
Danach war Sightseeing angesagt, ich bummelte von einem Andenkenladen zum anderen, starrte enttäuscht den diesigen Himmel an und drückte mir die Nase an den Schaufenstern der Donut- und Hamburgerbuden platt. Das reichliche amerikanische Essen hatte sich nach fast drei Monaten furchtbar gerächt, meine Jeans zwickten wie verrückt, ein Paar konnte ich gar nicht mehr tragen, weil ich es nicht zu bekam.
Schließlich kaute ich auf ein paar Jerky-Stückchen herum und fuhr zurück nach Prescott. 
Rob erwartete mich schon, wir fuhren zu der Werkstatt, in die wir den Chevy gebracht hatten, um nach dem Patienten zu sehen. Der Mechaniker brauchte einen neuen Transfer Case, der alte war hinüber. Da Rob die Möglichkeit hatte, billiger an einen heranzukommen, verabredeten wir, dass er einen in Phoenix bestellte und ich das Teil morgen abholen würde.
Zurück in Paulden kündigte Nancy telefonisch ihren Besuch an. Rob forderte sie auf, dann auch gleich Heu für Montana mitzubringen, mit meinem Mietwagen konnte man es nicht transportieren.
Auf halber Strecke ging Nancy das Benzin aus, also stiegen Rob und ich in den schicken Pontiac, um ihr entgegen zu fahren. Auch nachdem wir einen Ersatzkanister in Nancys Tank geschüttet hatten, sprang ihr Wagen nicht mehr an. Da wir kein Abschleppseil dabei hatten fand Rob eine andere Methode, Nancy mit ihrem Wagen nach Paulden zu bringen. Zu meinem Entsetzten schob er sie einfach mit dem Mietwagen an und stubste sie dann die drei oder vier Meilen, die beiden letzten Meilen über holprige Feldwege, mit dem Pontiac nach Hause. Meinen Protest in Hinblick auf die lackierte Stoßstange ließ Rob mit einem "Trust me!" über sich ergehen. 
Seine Behauptung, es würde dem Lack nicht schaden, war, wie zu erwarten, natürlich falsch; die Stoßstange wies deutliche Lackabschürfungen auf. Vielleicht bin ich gerade in Autosachen und Lack etwas überempfindlich, aber wenn man mir einen fast neuen Wagen gibt will ich ihn nicht ruiniert zurückgeben, auch wenn in Amerika möglicherweise kein Hahn nach einer zerkratzten Stoßstange kräht.
Und eigentlich ärgerte ich mich nicht nur über die Stoßstange, sondern über die ganze Situation in Paulden. Nancy ging ein und aus und Rob behauptete trotzdem steif und fest, dass sie nicht mehr zusammen seien. Nancy sah das offensichtlich völlig anders, sie behandelte Rob wie ihren Freund und mich wie einen Gast. Wie einen störenden ...
Und so fühlte ich mich auch - fehl am Platze. Ich wollte weiß Gott nicht Nancys Platz einnehmen, aber zumindest geklärte Verhältnisse. Also machte ich an diesem Abend doch mal den Mund auf und erklärte Rob, dass dies hier kein Zustand für mich wäre. Sobald der Truck repariert sei wolle ich aus Paulden abreisen. Danach verkrümelte ich mich in den Garten und spielte mit Montana und Rusty; auf traute Dreisamkeit hatte ich keinen Bock, ausserdem gingen mir doch ziemlich die Nerven durch.
Als es Dunkel wurde kehrte ich ins Haus zurück, wo Nancy murmelnd durch die Zimmer lief. Rob hatte sich in sein Schlafzimmer verzogen, während ich langsam verstand, was los war. Er hatte Nancy gesagt, dass sie gehen solle, und sie suchte nun ihre Sachen zusammen und ließ jedesmal, wenn sie durchs Wohnzimmer ging, eine spitze Bemerkung los. Tja - das hatte ich nicht gewollt, ich hatte mich nie in diese Beziehung einmischen wollen, aber jedesmal, wenn ich Rob traf, erklärte er mir, er hätte mit Nancy Schuss gemacht - nicht wegen mir, sondern aus anderen Gründen. Und ich hatte darauf immer abwartend reagiert - ich war nicht wild auf komplizierte Beziehungskisten. 
Ich glaubte nicht daran, dass das hier Nancys letzter Auftritt war, aber trotz aller Schmähungen, die sie mir an den Kopf warf (berechtigt oder nicht kommt auf die Sichtweise an), war ich froh, sie erst mal los zu sein. Und sauer auf Rob, der diese ganze Situation provoziert hatte und sich nun einfach in sein Bett verkroch. Feigling!
Nachdem die Luft rein war machte ich mich über den Rindfleischeintopf her, den Rob am Vorabend vorbereitet hatte, und ging dann auch schlafen. Wozu sollte ich mir den Kopf darüber zerbrechen!          

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Last Update: 04/2000 
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