13.05.2000, Phoenix, Arizona - Die Reifensuche und ein Werkstattbesuch
 

Diesen Tag widmete ich fast vollständig meinem Pick up. Stundenlang fuhr ich in Phoenix herum, um passende gute gebrauchte Reifen für das Teil zu finden - leider chancenlos. Ich wurde von Shop zu Shop geschickt, einmal rief der Reifenhändler sogar bei seinem Partner in einem anderen Stadtteil an und sagte mir, ich könnte dort meine Reifen bekommen. Ich fuhr also die zwanzig Kilometer zu dem anderen Shop - wo sie meine Reifen zwar hatten, aber in kaum besserem Zustand als die Alten. Leider musste ich feststellen, dass man ausgerechnet in den beiden mexikanischen Reifenshops, die ich fand, versuchte, mir eine andere Reifengröße oder zwei verschiedenen Reifen anzudrehen. Soviel zu meinen mexikanischen Vorurteilen.

Zwischendurch machte ich Päuschen bei Circle K; in Tempe, einem Stadtteil von Phoenix (und eigentlich nicht Phoenix, sondern halt "Tempe"), fand ich einen kleinen Park mit einem winzigen See (oder großen Teich), Palmen, Weiden und zwei großen Grillhütten. Dort setzte ich mich für eine halbe Stunde in den Schatten; nachdem es gestern nur angenehm warm gewesen war herrschten heute wieder Temperaturen um 35 Grad.
Bis drei Uhr wühlte ich mich durch hunderte von verstaubten Reifen, bis ich mich auf der Washington Street Ecke 52te wiederfand. Dort sah ich bei "meiner" Werkstatt Leute herumlaufen und nutzte die Gelegenheit, Sergio mal wieder einen Besuch abzustatten. Die Maschine lief zwar hervorragend, aber der Keilriemen quitschte ohrenbetäubend, wenn der Motor noch kalt war.
Vor der Werkstatt stand Sergios Bus, den er in ein riesiges Wohnmobil umbauen wollte, und die Sekretärin turnte auf dessen Dach herum, während Sergio Fotos von ihr machte.
Ich fragte, ob sie überhaupt offiziell auf hätten, als ich auf den Hof fuhr; selbst in Amerika machen manche Läden am Wochenende zu, und es war Samstag Nachmittag. Ja - nein - eigentlich nicht, aber ...
Ich stieg also aus und erklärte mein Problem, woraufhin sich so ziemlich alle Angestellten um meinen Pick up herum versammelten (bis auf Brenda, sie stand ja auf dem Dach des Busses). Sie hatten wohl eigentlich alle frei und waren nur hier, um eigene Basteleien zu erledigen. Da war ich eine willkommene Abwechslung.
Es wurde auf spanisch (waren alles Mexikaner) diskutiert, wo das Quitschen her kommen könnte, die Keilriemen (der Pick up hatte vier davon) waren alle gut gespannt und schienen noch in Ordnung zu sein. Leider konnte ich den Lärm auch nicht demonstrieren, es passierte ja nur, wenn der Motor kalt war. Sie sprühten schließlich irgendein Zeug drauf, dass die Riemen geschmeidiger machen sollte.
Ich schaute mir dann Sergios Bus mal genauer an - whow, die Kiste war 26 Jahre alt und so schrottig, dass ich mich wunderte, dass das Teil überhaupt noch lief. Er sah kaum besser aus als die alten Busse, die auf der Williams Family Ranch standen, meinte ich zu Sergio. Ich solle sie alle kaufen! forderte er mich auf. Man könnte ein gutes Geschäft daraus machen, sie zu restaurieren und dann wiede zu verkaufen. Einkauf 2500 Dollar, Verkauf siebzigtausend Dollar. Tja - wenn es da nur nicht dieses eine kleine Problem gäbe: wie sollte man die Busse von der Ranch herunterbekommen? Die Straße war in den Jahren, seit die Busse hereingebracht wurden, erheblich schlechter geworden.
Mir fiel eine Internetseite mit Bildern ein, die ich mal für meinen Bruder von all den alten Fahrezeugen auf der Ranch gemacht hatte. Im Büro hatten sie AOL, dort suchte ich nach der Seite. Peinlich, sie war auf meiner eigenen Homepage, aber da sie nicht verlinkt war, musste ich die genaue Adresse wissen, und die hatte ich leider vergessen. Schließlich fand ich sie in einem alten Mail und zeigte Sergio die Fotos von den Bussen. Einige sahen tatsächlich sogar besser aus sein alter Bus.
Wir verquatschten uns bis zum Abend und beschlossen, irgendwo essen zu gehen. Keilriemenquitschend fuhr ich meinen Pick up vom Hof und parkte draussen, damit Sergio die Alarmanlage von der Werkstatt anstellen konnte, dann fuhren wir irgendwo in die Innenstadt zu "Chillys", eine Art Steakhouse-Kette, in der es typisches South-Western-Essen gab. Das war ein Gemisch aus deftiger Ranchkost und mexikanisch, es gab also zum Beispiel Steaks mit Tacos und Guacomole (Avocadocreme). Am besten fand ich die Vorspeise. Ist nicht einfach zu erklären ... eine sehr große (riesige!) Gemüsezwiebel wird von oben so aufgeschnitten, dass sie in ganz viele kleine Stücke auseinanderblättert, aber unten noch zusammenhält. Die wird dann in einen Backteig getunkt und frittiert. Köstlich! Wird zusammen mit einer Soße serviert, in die man die Stücke tunken kann, aber ich fands schon ohne Soße unheimlich lecker.
Ich glaube, ich hatte noch nie so einen schlechten Service in einem amerikanischen Restaurant wie in diesem Laden. Ich wurde aufdringlich dazu aufgefordert, meine Bestellung aufzugeben, das Essen stand schon auf dem Tisch, aber es gab kein Besteck (und das passierte zweimal), die Getränke wurden nicht prompt gebracht und zu guter Letzt wurde ich noch fast weggefegt, als der Kellner den Boden kehrte. In Deutschland alles Sachen, die halt passieren, in Amerika ist so ein Service unverzeihlich.
Nichts desto trotz ein interessanter Abend, mit Sergio ließ es sich gut unterhalten, es waren halt ganz andere Themen als mit der "Landbevölkerung", die ich sonst nur kennenlernte (mal abgesehen von dem Zuhältertreff in Phoenix, aber das war wiederum ein ganz anderes Niveau *g*).
Gegen elf brachte er mich zurück zur Werkstatt, wo mein Pick up stand. Den würde ich noch mal dort hin bringen müssen, um die Keilriemen wechseln zu lassen. Das Besprühen mit dem Weiß-nicht-was-Mittel hatte ja offensichtlich nicht geholfen. Aber das würde warten müssen, für Montag stand ja erst mal mein Besuch in Wickenburg auf dem Plan.

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Last Update: 05/2000 
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