15.05.2000, Williams Family Ranch, Arizona - Back again
 

Ich stand morgens um sechs Uhr auf, um gegebenenfalls alle erforderlichen Telefonate für die Versicherung führen zu können. Eine halbe Stunde später rief mein Bruder an, den ich am Vorabend schon auf meine deutsche Versicherung gehetzt hatte. Alles in Ordnung, er hätte alle Daten, sie ich ihm zugemailt hatte, an die Verischerung weitergemeldet, die sich um alles weitere kümmern würde.
Ich hoffte nur, dass er damit Recht hätte und machte mich mit dem etwas flauen Gefühl auf den Weg, dass ich sozusagen das sinkende Schiff (den Empfangsbereich meines Handys) klammheimlich verließ.
Gila, mein Unfallopfer, schaffte es trotzdem noch, mich zu erwischen, sie fragte nach der Telefonnummer meiner Versicherung. Ich gab ihr irgendeine, die bestimmt nichts mit der Unfallmeldung zu tun hate (ich hatte ja selbst keine!) und versicherte ihr, dass "my insurance company takes care!"
Als das Handy kurz darauf wieder klingelte, wollte ich schon gar nicht mehr dran gehen, aber es war Carrol, die schon mal auf die Ranch vorfahren würde, wenn ich den deutschen Gast am McDonalds treffen könnte. Klar konnte ich, 12.00 Uhr, wie abgemacht.
Kurz nach zehn traf ich in Wickenburg ein, früh genug, um mit meinem Wagen zu einem Reifenhändler zu fahren, der - natürlich - auch nicht meine Reifengröße da hatte. Stattdessen bat ich ihn darum, die Spur meines Trucks zu überprüfen, seit dem Unfall war das Lenkrad nicht mehr mittig justiert, obwohl der Truck einwandfrei geradeaus fuhr.
Sie konnten nichts finden, die Spur stimmte, also vergaß ich das Lenkrad und kümmerte mich wieder um die Reifen. Wenn es diese Größe nicht gebraucht zu kaufen gab, dann sollten sie eben die vorderen, mehr abgefahrenen Räder nach hinten tauschen. Vorne nutzten sie durch das Lenken mehr ab, wenn sie dann alle gleich blank waren, würde ich sie alle vier tauschen, aber gegen eine kleinere und billigere (und benzinsparende) Reifengröße. Wegen dem Vierradantrieb konnte ich nicht nur vorne andere Reifen montieren lassen.
Als ich nach dem Tausch losfuhr, machte es nach 300 Metern "plong - plong - plong" - ich liebte diese Geräusche! Also schnurstracks zurück zum Reifenhändler. Der suchte .... und suchte .... und suchte ... und ich begann schon wie auf heißen Kohlen zu stehen, weil es allmählich auf die zwölfe zuging, als sie endlich den Grund fanden: die Ausgleichsgewichte für die Unwucht an der Innenseite der Felgen schlugen gegen eine Lenkstange oder sowas. An den Ex-Vorderrädern waren sie schon total abgeschlagen, aber die Hinterräder-Gewichte waren noch im Originalzustand. Wir entfernten die Gewichte einfach, weil ich unter Zeitdruck stand, dann fuhr ich rasch zum McDonalds.
Punkt zwölf kam ich auf dem Parkplatz an, wo ich nach einem weißen VW Bus Ausschau hielt.
Er stand schon dort, ich parkte davor, stieg aus und wurde von Günter begrüßt, dem die Williams am Telefon schon weiß-Gott-was für Geschichten über mich erzählt hatten. Sein weisses VW-Büschen sollte mit zur Ranch, zweifelnd besah ich mir die Bodenfreiheit des Wagens. Auweia - wenn das mal gut ging! Aber er hatte alle seine Sachen von fast einem Jahr Urlaub in Amerika in dem kleinen Camper, irgendwie konnte ich ihn ja verstehen.
Da die Reise zur Ranch schon mit meinem Blazer eineinviertel Stunden gedauert hatte, schätzte ich die Fahrzeit mit VW Bus im Schleppstau auf knappe zwei Stunden und empfahl noch eine Pinkelpause, bevor wir uns auf den Weg machten.
Auf den ersten sechs Meilen, die zwar über einen unasphaltierten, aber verhältnismäßig gut gepflegten Weg führten, hüllte ich den armen VW in eine dicke Staubwolke, ab dann ging es nur noch mit max. 15 km/h auf die restlichen acht Meilen Moto-Cross-Strecke zur Ranch. Die kleine deutsche Wertarbeit überraschte mich - bis auf einen heiß gelaufenen Motor, dem wir zwei mal ein Päuschen gönnten, ackerte er sich wacker über Stock und Stein, bergauf bergab, holper und stolper anscheinend unversehrt zur Ranch. Faszinierend! Nur eine Auspuffbefestigung hatte dran glauben müssen, aber was war das schon gegen eine verlorene Batterie in meinem Blazer vor ca. 10 Wochen?!
Die Wüste hatte seit meinem letzten Besuch deutlich ihr Gesicht verändert, überall blühten die Kakteen und Sträucher - da soll mal einer sagen, die Landschaft sei fad ... ;-)

Auf der Ranch wurden wir von Danny, Carrol und fünf Hunden begrüßt. Danny war eine neue Errungenschaft, er hatte ausserhalb von Wickenburg in einem uralten Van gecampt und war irgendwie an Roy Williams geraten, nun wohnte er auf der Ranch und reparierte alles Mögliche an Motoren und Motörchen.
Nachdem wir Schwätzchen gehalten, Kaffee getrunken und unsere Zimmer in Beschlag genommen hatten, brachen wir auf zum Korral, um Günter die Pferde zu zeigen. Er hatte in Deutschland ca. ein dreiviertel Jahr lang Unterricht im englischen Reiten genommen und wollte hier den Umgang mit Pferden noch etwas vertiefen, um dann für sich die Entscheidung zu treffen, ob er weiterhin Reiten zu seinem Hobby machen wollte oder ihm die Pferde doch nicht so sehr lagen. Für mich war eine Entscheidung auf diesem Wege für oder gegen Pferd nicht ganz nachvollziehbar, da das Reiten auf einer Ranch nicht im mindesten mit englischer Hallenreiterei zu vergleichen war, aber das würde er schon selbst herausfinden.
Wir sattelten ihm Do Good, eine kleine, etwas zickige Fuchsstute, und ließen ihn einfach im Korral drauf los reiten. Soweit ich sah lagen seine einzigen echten Schwierigkeiten beim Dirigieren des Pferdes durch die Zügel. Klar - die endlosen Westernzügel waren auch nicht leicht zu handhaben, wenn man die geschlossenen englischen Zügel gewohnt war. Ausserdem versuchte er, das Pferd englisch zu reiten, was natürlich nicht klappen konnte. Da Carrol vom Englischreiten nichts wußte und darum nicht verstand, wo der Haken lag, sattelte ich mir Tadpole, um Günter auf ihr praktische Beispiele geben zu können. Erklären konnte ich nämlich auch nicht, was er anders machen sollte, da ich unbewußt ritt und darum selbst nicht wußte, wie ich es eigentlich machte.
Auf Tadpole konnte ich demonstrieren, wie ich das Pferd lenkte, und viel besser erkennen, was Günter falsch machte. Schließlich hatte er es raus, aber Do Good war die ganze Zeit mehr am Heu, das auf dem Boden lag, interessiert, als an der Arbeit, was die Sache nicht gerade erleichterte. Nach einer knappen Stunde sattelten wir die Pferde ab, es wurde auch schon dunkel.
Nach dem Abendessen (leckere Reismatsche, Tortillas und Salat) saßen wir noch ungewöhnlich lange am Tisch und quatschten. Günter sprach fließend Englisch (Englisch- und Sportlehrer ...), Danny erzählte unglaubliche Geschichten und Carrol war sowieso nicht auf den Mund gefallen - und so wurde es zehn Uhr, bis im Ranchhaus die Lichter ausgingen.
Im Gästehaus brannte es noch etwas länger, Günter verbrachte nämlich fast eine Stunde mit der Jagd nach einer Spinne in seinem Bett und ich mit der Jagd nach Spinnen überall, die ich fotografieren konnte. Meine waren bei weitem leichter zu finden als die eine in Günters Zimmer. Nachdem ich ein paar Bilder von den etwa 5 cm großen Achtbeinern gemacht hatte, beschloß Günter, in seinem VW Bus zu schafen und überließ mich den durchschnittlich zehn sichtbaren Spinnen je Raum im Gästehaus.
Das Einschlafen mit dieser Gesellschaft war vielleicht nicht das einfachste, aber geschlafen habe ich schließlich gut und ohne sichtbare Spinnenbisse am nächsten Morgen.

NEXT PAGE ->>             

E-mail:heike@waywest.de
Last Update: 05/2000 
Copyright © 2000 Heike Wuensch   All Rights Reserved