02.06.2000, Palm Springs, Kalifornien - Durch die Wüste 
 

Ich wachte schon früh auf. Die schlecht funktionierende Klimaanlage war so laut gewesen, dass ich sie Nachts ausgeschaltet hatte - nun wurde es stickiger in dem Zimmer als auf der Ranch. Dafür hatte ich jede Menge Zeit, in Ruhe herumzutelefonieren. Auf der Kara Creek Ranch erreichte ich nur jemanden mit einem furchtbaren englischen Akzent, der mir sagte, dass das Branding fast vorbei sei und sich nur noch drei Gäste dort aufhielten. Auf der Lake Ranch bekam ich Lucca an die Strippe, einen der italienischen Partner von Monte. Er meinte, ich solle auf jeden Fall noch mal anrufen, bevor ich vorbei käme, damit sie mir ein Zimmer fertig machen könnten. Von da wegen, sagte ich - ich hätte nicht die Absicht, als Gast auf der Lake Ranch zu bleiben!
Ich telefonierte mit Günter um abzuchecken, ob wir uns noch einmal in Kalifornien treffen würden. Er war zur Zeit südwestlich von San Francisco wollte noch mal zur Küste oberhalb Los Angeles, was gegebenfalls auch auf meiner Reiseroute liegen würde.
Laura erreichte ich mal wieder nicht, sie hatte mir ein Mail geschickt und gefragt, wann wir uns endlich wieder sehen würden.
Zuhause ging es allen gut, mein Bruder schwärmte von 30 Grad und Fahrradtouren zu Biergärten - bis auf die Tatsache, dass es "nur" in Deutschland war, beneidenswert!
Das Telefonat mit Carrol ergab zunächst nichts konkretes, aber letzendlich klang mir alles zu vage, um noch mal zur Ranch zu fahren. Eine wirkliche Hilfe konnte ich ihr nur sein, wenn wir Rinder zur Ranch treiben mussten, das konnte sie nicht alleine machen. Aber soweit ich heraushörte hatte Danny am Vortag auch die Ranch verlassen, weswegen niemand dort war, um eine Wasserpumpe zu reparieren. Dafür musste Carrol auf jeden Fall zurück, auch Heu musste sie zur Ranch bringen. Ich konnte mir gut vorstellen, dass dafür die einzigen kühlen Stunden des Tages draufgingen - und für just-as-company fehlte mir wirklich der Antrieb, zurück in den Glutofen zu fahren.
Ranch - Wyoming - Kalifornien. Ich entschied mich schließlich für Kalifornien, inzwischen war es halb elf, ich musste aus dem Motel auschecken.
Nach einem Besuch bei Circle K und in der öffentlichen Bibliothek fuhr ich auf einen Vanilleshake zu McDonalds und erledigte von dort aus weitere Telefonate.
Mit Günter verabredete ich mich gerade für den nächsten Tag in der Nähe von Santa Barbara, als mein Handy klingelte.
"Is there American Underwriters Insurance?" fragte mich ein Typ.
Uuups. Sollte ich mich jetzt blöd stellen oder nicht? Die American Underwriters Insurance war meine amerikanische Fahrzeugversicherung, die den Schaden regulieren musste, den ich vor fast drei Wochen in Phoenix verursacht hatte.
"No, this is not American Underwriters Insurance", versuchte ich es erst mal - eigentlich absolut der Wahrheit entsprechend. Aber mir war schon ziemlich klar, worum es ging, wenn ich auch nicht verstand, wie der Typ auf die Idee kam, ich, die Frau mit dem Killer, sei die Versicherung. 
Hoffend, dass ich nicht an einen militanten Anwalt meines Opfers geraten war, gab ich schließlich zu, zwar nicht die Versicherung zu sein, wohl aber die Unfallgegenerin, und dass ich gerne eine richtige Telefonnummer weiter geben würde, falls erforderlich.
Ja, sei erforderlich - eine Schadensregulierung hätte nämlich noch nicht stattgefunden. Ich war stinksauer! Ich hatte über meinen Bruder zwei mal bei meiner deutschen Verischerung nachfragen lassen, ob alles glatt lief, und man hatte mir versichert, dass es keine Probleme gäbe. Und nun rief mich dieser Typ hier an!
Ich suchte fast eine halbe Stunde lang nach der Nummer, die ich in Amerika hätte anrufen müssen, um den Unfall zu melden, um sie dem Typen von der gegenerischen Versicherung zu geben, aber ich fand genau diesen Zettel nicht mehr - merkwürdig. Schließlich rief ich ihn zurück und gab ihm eine andere Nummer, von der ich zumindest wusste, dass sie dort meine Vertragsnummer kannten (schien ein echtes Problem bei denen zu sein, jeden anderen konnte man anrufen, und die behaupteten dann, meine Vertragsnummer gäbe es nicht).
Bill bedankte sich überschwenglich - war wohl in Amerika nicht üblich, dass Unfallverursacher sich irgendwelche Mühe machten, bei der Schadensregulierung zu helfen?!
Well, ich war also "super-duper" - nu fragte ich mich nur, was dann mein Killer-Pickup erst war? ;-)

Inzwischen war es halb eins, Zeit, endlich westwärts aufzubrechen, wenn ich mein Ziel, Palm Springs, noch vor der Dunkelheit erreichen wollte.
Es war - heiß (langweile ich hier jemanden?). Auf dem Weg durch die Wüste beobachtete ich überall mehr oder weniger große Windhosen, die sich in der flirrenden Hitze bildeten, über die Prärie zogen und dabei Sand und Staub 'gen Himmel zogen, bis sie schließlich ausliefen und verschwanden. Eine besonders große (sie hatte etwa den Durchmesser eines Hauses) kam mir gefährlich nahe, weswegen ich nach ein paar Bildern schnell das Weite suchte. Interessant sich vorzustellen, ob aus einer dieser unangenehmen, aber nicht sehr gefährlichen Windhosen auch ein echter Tornado entstehen könnte ...


In Quartzsite machte ich meinen ersten Halt (Vanilleshake und Air condition bei McDonalds), da ich dort noch einmal in den Rock Shop wollte. Sie hatten dort interessante Fossilien verhältnismäßig günstig zu verkaufen, inzwischen war mir eingefallen, wem ich mit so einem Teil vielleicht eine Freude machen könnte.
Es war - heiß! Whow. Als ich von meine Pickup die vielleicht dreissig Meter zum Laden ging, dachte ich, ich würde jeden Moment am Asphalt kleben bleiben.
Im Rock Shop wurde ich herzlich als der erste Kunde des Tages begrüßt - es war nicht gerade Touristensaison im Ofen Arizonas.
Ich suchte einen faustgroßen Trilobite aus, der aus der Devonian-Ära stammte, was auch immer das war. Auf jeden Fall noch aus der Zeit vor den Saurieren. Es sah recht niedlich und beeindruckend und vor allem stabil genug für eine Reise nach Deutschland aus.

Weiter ging die Reise westwärts. Da ich nicht sicher war, ob es in Palm Springs ein freies Motel gab (es war Wochenende), versuchte ich schon in Indio eine Bleibe zu finden. Aber statt auf ein Motel 6 stieß ich nur auf ein Circle K - das erste, das ich in Kalifornien entdeckte und natürlich sofort besuchte.

Von Blindheit geschlagen verpasste ich das Motel in Indio und fand mich schließlich zwischen hunderten von Windkrafträdern wieder - ich hatte Palm Springs nun doch erreicht. Der Anblick - man kann ihn mit meiner Digitalkamera leider nicht einfangen. Diese Unmengen von Windkrafträdern, die in der Talsohle, an den Hängen und auf den Hügeln stehen - es ist unheimlich beeindruckend.


Ich fand ein Motel 6, in dem ich einchecken konnte, und machte erst mal trotz des Schildes "Do not fill your ice chests" an der Eismaschine meine Eisbox mit Eiswürfeln voll. Meine Cola schmolz mir langsam davon. Waschmaschine und Trockner gab es auch, und das Zimmer war angenehm 08/15-Motel 6: ohne Überraschungen, HBO auf Kanal 4 und mit funktionierender Klimaanlage.

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Last Update: 06/2000 
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