12.06.2000, Lake Ranch, Wyoming - Italian Horsebreaking und Bullensuche
 

Nachdem mich ein offensichtlich schlafloser Roberto schon um halb sieben aus dem Bett geschmissen hatte, indem er ruhelos zwischen Küche und Terasse hin und her stampfte (und in diesem zwar hübschen, aber absolut geräuschempfindlichen Holzhaus war das, als ob ein Elefant im Wohnzimmer herumlief), bereiteten wir gemeinsam das Frühstück vor.
Da ich morgens nie sehr gesprächig war, kam es mir ganz gelegen, dass wir uns dabei aus sprachlichen Gründen nicht unterhalten konnten.
Nach dem Frühstück sattelte Ferdinando sich seinen Fuchshengst, um ihn im Roundpen zu trainieren und dort auch zum ersten Mal zu reiten.
Er wendete wieder eine Art "Join up" an, dann zog er dem Fuchs ein Bosal an und versuchte ihn vom Boden aus an dessen Wirkung zu gewöhnen
Schließlich stieg er einfach - absolut ruhig - auf, was sich der Hengst unglaublich gelassen gefallen ließ.
Er ritt ihn im Schritt an, aber als er wieder anhalten wollte galoppierte der Fuchs plötzlich verschreckt los. Nach zwei Runden hatte er sich wieder beruhigt und Ferdinando ritt ihn etwa eine halbe Stunde im Round Pen.         


Danach brach ich mit Elena, Luca und Roberto zu einem Ausritt auf. Wir vermissten immer noch einen Bullen, den wir auf einer Weide eines nordöstlichen Nachbarn vergeblich suchten.
Dafür lernte ich neue Trails kennen, die ich im vergangenen Sommer noch nicht erforscht hatte, da sie ausserhalb der Ranch lagen.
Die Pferde hatten alle arge Proleme mit einer winzigen Fliegenart, die ihnen in die Nüstern flog. Ununterbochen schlugen sie mit den Köpfen oder rieben ihre Nüstern über den Boden. Das war das erste Mal, dass ich in Wyoming solche Probleme mit Ungeziefern gehabt hatte. Offensichtlich gab es diese Art von Kribbelfliegen glücklicherweise nur bei bestimmten Witterungsverhältnissen.

Roberto auf Three Ear
Luca und RobertoLuca, Elena und Devils Tower

Nach dem Mittagessen (meine Frikadellen fielen absolut durch - zugegeben, sie waren auch ausgesprochen mäßig) gingen die Italiener mal wieder schlafen. Bis auf Roberto, der alleine Billiard spielte, bis ich mich ihm aufdrängte. Ich war ein miserabler Spieler, aber ich hatte Glück und gewann. Das lag vielleicht auch daran, dass er nach anderen Regeln spielte als ich, ich ihn aber nicht fragen konnte (die deutsch- italienisch- englischen Probleme - sah so aus, als ob ich auch noch italienisch lernen müsste ...)
Luca wachte auf und ging mit Roberto in eine Art Ranch-Werkstatt, wo sie Kleiderhaken aus alten Hufeisen bastelten.
Nach ein oder zwei weiteren Bechern Kaffee brauchte ich auch wieder Beschäftigung. Ich ging in die Sattelkammer und begann Zaumzeuge und Sättel zu ölen. Nach einem Weilchen gesellten sich Luca und Roberto zu mir.
"Whet ar you plan?" fragte Luca mich mit seinem furchtbaren Englisch. Er konnte nichts dafür, er hatte Englisch erst in den letzten drei oder vier Jahren durch Aufschnappen auf der Ranch gelernt - und das konnte nicht viel sein, da ja meistens italienisch gesprochen wurde. Dafür konnte er sich recht gut verständigen, allerdings verstand er mich meistens falsch.
Was wollte er jetzt?
"<When is my plane> or <What are my plans>?" fragte ich also zurück.
Was meine Pläne seien, wollte er wissen. Uuups. Ja. Ich hatte ein paar Pläne, aber Plan Nummer eins war eigentlich gewesen, diese mit Ferdinando zu besprechen, da er der Geschäftsmann zu sein schien.
Ich zuckte erst mal mit den Achseln und Luca begann zu erklären, dass sie in den nächsten Wochen nur wenige Gäste hätten und jemanden brauchen könnten, der die Küche machte und die Zimmer vorbereitete.
Nun ja, Hausarbeit war zwar nicht der einzige Bestandteil von meinem Plan zwei, aber so ungefähr kam es mir entgegen.
Zu der Küche (ich kann doch gar nicht kochen!) sagte ich also erst mal gar nichts, aber auf die Zimmer sprang ich in meiner diplomatischen Art direkt an und meinte, ich wäre durchaus bereit, für zwei oder drei Gäste die Zimmer zu machen, aber ich sei keine Room Maid. Luca zuckte regelrecht zusammen und machte gleich einen Rückzieher - für die Zimmer könnte er die Tochter eines Nachbarn kommen lassen. Na ja, so weit brauchten wir es ja nicht kommen zu lassen, ich wollte nur vermeiden, dass er dachte, er könnte mich in meinem Urlaub als Fulltime-Haushaltshilfe und -Köchin einspannen. 
Mein Plan hatte so ausgesehen, dass ich die Lake Ranch als Ausgangspunkt für Erkundungstouren benutzen wollte, was durchaus auch mal eine Abwesenheit von einigen Tagen bedeuten könnte. Und da ich hoffte, hier möglichst günstig unter zu kommen, hatte ich vorgehabt, Ferdinando meine Hilfe anzubieten. Nun - so ungefähr erklärte ich es auch Luca, der einverstanden war.
Nun war ich also eine Angestellte der Lake Ranch *auweia* 

Ferdinando hatte derweil begonnen, mit einer jungen Stute im Roundpen zu  arbeiten. Sie war vor einem Monat schon so weit gewesen, dass sie im Roundpen geritten werden konnte, aber dann hatte Ferdinando einmal vergessen, sie über Nacht abzusatteln, was ihr wohl eine Art Trauma verpasst hatte. Jetzt war sie extrem scheu und sensibel. Er machte mit ihr seinen "Join up" und konnte sie dann satteln. Luca kam mit seinem Pferd, um ihm bei der weiteren Arbeit zu helfen. Die Stute war viel zu unruhig, um einfach aufsteigen zu können, darum trieb Luca sie mit seinem Pferd durch den Rund Pen, damit sie ihre Nervosität abbaute. Schließlich wurde sie ruhiger und ließ sich von Luca streicheln. Als Ferdinando sich bereit machen wollte, aufzusteigen, ließ ich nebenbei fallen: "Ihr arbeitet schon seit mindestens anderthalb Stunden mit ihr ..." - das sollte für so ein junges Pferd eigentlich genug sein. Ferdinando sah das auch ein, also beendeten sie die Trainigsstunde.                       


Während sie ihre Pferde absattelten machte ich mir Gedanken über meinen neuen Job - was sollte es zum Abendessen geben?
Aus dem Kühlschrank schrie mir ein Klumpen T-Bone-Steaks entgegen: "Grill mich!"
Problem gelöst, Luca musste grillen und ich machte nur einen Salat.

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Last Update: 06/2000 
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