23.02.2000, Prescott / Tusayan (Grand Canyon), Arizona
 

7.00 Uhr. Der Wecker klingelte. Warum hatte ich Depp meinen Wecker gestellt? Hatte ich nicht. Weckdienst vom Motel? Verschlafen lief ich im Zimmer herum und suchte nach der Lärmquelle, bis ich endlich mein Handy fand.
Rob (No. 1) rief an, um sich nach dem Befinden von mir und seinem Truck zu erkundigen. Etwas beschämt musste ich zugeben, dass sein geliebter Chevy ein wenig ramponiert war.
"What happens?"
"The battery fell in the motor ..."
"Did you put it out?"
"Yeah!"
Na, dann sei es ja nicht so schlimm, meinte er.
"It burnt the motor ..." nahm ich ihm die Erleichterung.
"IT BURNT THE MOTOR?" rief er entsetzt - ich konnte mir richtig vorstellen, wie er einen verkokelten Chevy vor sich sah ...
Ich erklärte, dass es nicht ganz so schlimm sei, der Truck fuhr ja noch, aber es müsste repariert werden. Die Verbindung wurde unterbrochen - Mist-Handys. Er rief noch mal an, aber es hatte keinen Sinn, ich hörte fast nur Rauschen. Soweit ich es mitbekommen hatte war sein Interesse am Truck deshalb so groß, weil er ihn demnächst brauchen würde. Hm. Na, mal schaun. Er musste sich nur früh genug melden, da ich vorhatte, Arizona für die nächsten drei Wochen zu verlassen. Ein anderes Problem tauchte ebenfalls auf: mein Rückflug nach Deutschland war für einen Montag gebucht, aber ich musste vorher noch den Wagen abmelden - am Wochenende? Unmöglich. Ich musste meinen Flug umbuchen, damit ich am vorletzten Tag noch Zeit hatte, das Autogeschäft abzuwickeln. Neuer Rückflugtermin war darum Samstag, der 25. März, das hieß dass ich erst am Sonntag Nachmittag (16.45 Uhr) in Köln landen würde.

Zumindest war ich jetzt wach, gut so, ich hatte noch viel zu erledigen. Ich organisierte mir Kaffee und dann kam der wichtigste Anruf, der über meine weiteren Reisepläne entscheiden sollte: die Lake Ranch in Wyoming, wo ich im Juli 1999 drei Wochen Urlaub gemacht hatte.
Dirk von der Reiseagentur, bei der ich meine Ranchreisen im letzten Jahr gebucht hatte, hatte mir gemailt, dass Monte, der Rancher, eine neue Guest-Ranch im Mai 2000 aufmachen würde, da die Lake Ranch fest in Händen von seinen beiden italienischen Partnern und deren italienischer Gäste war - unattraktiv für Urlauber aus anderen Ländern, da fast ausschließlich italienisch gesprochen wurde.
Bis auf diese Italiener-Schwemme hatte mir die Lake Ranch unglaublich gut gefallen, und nun war ich neugierig auf diese neue Ranch - Grund genug, Monte anzurufen und ein bisschen auszufragen.
Lake Ranch, Wyoming"Hello?"
"Hello, this is Heike."
"Yeah?"
"Who is speaking?" - ich wollte nicht einem Unbekannten erklären müssen, dass ich einer der deutschen Gäste vom letzten Sommer gewesen sei. Wer weiß, ob sich Monte überhaupt an mich erinnerte.
"Monte."
"Oh - hi Monte ..." - nun konnte ich anfangen zu erklären, wer ich war.
"Hi Heike - we just spoke about you!"
"About me?"
"Yeah - just a minute ago - you must have heard us!"
"Uuups - so you know who I am?" fragte ich ziemlich dämlich, aber auch ziemlich überrascht.
"Sure!"
Merkwürdig. Seit meinem Abschied Anfang August 1999 hatten wir keinen Kontakt mehr gehabt - was gabs da über mich zu reden? Ich erzählte ihm, dass ich im Moment in Amerika sei. Und herumreisen würde.
"So you better show up here!" forderte er mich auf.
Ich stimmte zu, ich sei neugierig auf die neue Ranch. Er war hin und weg von der Idee. In ein paar Tagen würden die Kühe anfangen zu kalben, lockte er mich. Und Greg sei auch da. Greg, der Horsebreaker, von dem ich dachte, dass Monte ihn herausgeschmissen hätte. Er war mein besonderer Freund bei meinem Urlaub auf der Ranch gewesen. Er erlaubte mir, beim Zureiten der Pferde zu helfen, und den Abschied werde ich nie vergessen. Er sang unheimlich gut, hasste es aber, auf Auforderung für die Gäste Musik zu machen. An meinem letzten Abend auf der Lake Ranch spielte er nur für mich - es war der beste Abschied gewesen, den ich mir denken konnte. Um hier irgendwelchen Mißverständnissen vorzubeugen: Greg war über 50, hatte eine sehr nette Freundin, war ewig besoffen und nicht besonders helle - aber er hatte ein riesiges Herz für die Menschen, die ihn gut behandelten. 
"And you stay for free!" fügte Monte noch hinzu.
Okay, meinte ich - mal schaun. Wenn ich es irgendwie einrichten könnte würde ich vorbeikommen.
Ich müsse kommen! meinte Monte.
"Ja, gerne. Wenn ich es schaffe ... - wie ist das Wetter in Wyoming?"
"Sixty degree."
Das war um die 15 Grad Celsius - wärmer als in Prescott.
"So - we'll wait for you arriving in the next couple of days", meinte Monte.
"Yeah. Hope I can make it ..." ließ ich die Entscheidung noch offen - in meinem Kopf war sie bereits gefallen!
"If you not come we get mad!" drohte er. 
"I'll see. Hope to meet you again!"
Wir verabschiedeten uns.
"We'll wait for you to show up!" betonte er nochmals.
"Yeah - hope so! Bye!"
Ich schmieß den Hörer auf das Telefon. "JUHHHH - WYOMING, ICH KOMME!"

Ich bremste mich ein wenig, in Gedanken war ich schon auf dem Highway, aber mein Truck musste noch repariert werden, also fuhr ich erst mal zu der Werkstatt. Wieder mal hatte ich unheimliches Glück, sie konnten den Wagen sofort reparieren, nach anderthalb Stunden hatte mein Truck einen ordentlich aufgeräumten Motor ohne irgendwelche Spuren von Verschmorungen und Kabelbränden.
Dann noch neue Sohlen für meine Boots, damit der wyomingsche Schnee nicht durch das Loch in der Sohle drang, und ich war reisebereit. 

Prescott - Flagstaff - Tusayan (Grand Canyon)Erstes Ziel: Flagstaff. Bei aller Vorfreude die Lake Ranch, Monte, Max (den Wrangler) und Greg wiederzusehen - der Grand Canyon war einfach ein Muss. 
In Flagstaff besuchte ich Circle K für einen Kaffee und Jack in the Box für einen Jumbo Jack, dann fuhr ich weiter in Richtung Grand Canyon. Obwohl Flagstaff immer als "die Grand Canyon Stadt" gehandelt wurde, waren es bis zum Colorado noch über 130 Kilometer.
In Tusayan, der wirklichen Grand-Canyon-Stadt, suchte ich mir ein Motel, das nicht zu teuer aussah. Die Preise in dem Kaff waren horrend - klar, der letzte Ort vor dem Grand Canyon, der Jahr für Jahr Millionen von Beuchern verkraften musste, hatte nur sechs oder sieben Motels. Für etwas über 40 Dollar bekam ich zwar kein Telefon und kein HBO, aber eines der gemütlichsten Zimmer, die ich bisher gesehen hatte. 

NEXT PAGE ->>             

E-mail:heike@waywest.de
Last Update: 02/2000 
Copyright © 2000 Heike Wuensch   All Rights Reserved